Einladung für Gauner?
Seniorenverband warnt vor Impf-Offensive

Der Verband Avenir50plus warnt vor der geplanten Impf-Offensive des Bundes. Impf-Berater des Bundes, die von Tür zu Tür gehen, könnten Kriminelle anlocken und gerade vulnerable Menschen gefährden.
Publiziert: 05.10.2021 um 11:57 Uhr
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Ob Impfbus, Heimbesuch oder per Telefon: Das Volk soll von Impfen überzeugt werden.
Foto: Keystone

«Stoppt diese für Ältere und Alleinstehende gefährliche Aktion!», warnt der Verband Avenir50plus in einem offenen Brief an den Bundesrat und das Bundesamt für Gesundheit (BAG). Die geplante Impf-Offensive geht der Organisation viel zu weit. Insbesondere das Vorhaben, schon bald rund 1700 Impf-Beraterinnen und -Berater von Tür zu Tür zu schicken, ist Avenir50plus ein Dorn im Auge.

Für Avenir50plus-Geschäftsführerin Heidi Joos liest sich die Ankündigung von staatlichen Hausbesuchen «wie eine Einladung an Kriminelle, sich als Berater des Bundesamtes für Gesundheit auszugeben, um sich Zutritt in Haushalte von älteren und alleinstehenden Menschen zu verschaffen, um sie auszurauben». Sie verweist auf wiederholte Meldungen über falsche Handwerker oder Polizisten, die vulnerable Menschen um ihr Bares gebracht haben sollen.

BAG-Mitarbeitende gehen von Tür zu Tür

Über 150 Millionen Franken will der Bund in eine neue Impf-Offensive stecken. Ein letztes amtliches Aufbäumen, um endlich aus der Pandemie herauszufinden. Dazu sollen etwa 50-Franken-Gutscheine gehören für jene, die jemanden dazu überreden sich impfen zu lassen. Zudem touren demnächst 170 zusätzliche Impfbusse durchs Land, um die Spritzen zu Zögerern, Zauderern und allzu Bequemen zu bringen.

Falls die Kantone zu all dem grünes Licht geben, soll ausserdem bereits Anfang November eine «national orchestrierte Impfwoche» starten. Die rund 1700 vom Bund angeheuerten Beraterinnen und Berater sollen die Bevölkerung informieren, registrieren und vermitteln. Dabei rufen sie an oder schauen bei den Leuten vorbei, wie der SonntagsBlick aus einem Schreiben des BAG zitiert hat.

Pandemie ruft immer wieder Betrüger auf den Plan

Tatsächlich wäre es nicht das erste Mal, dass die Pandemie auch Betrüger auf den Plan ruft. Immer wieder haben Kriminelle versucht, die Verunsicherung in der Bevölkerung schamlos auszunutzen und Bürgern Geld abzuknöpfen.

So hatten etwa angebliche BAG-Mitarbeitende in mehreren Kantonen versucht, sich in Schutzausrüstungen oder mit Mundschutz Zutritt zu Wohnungen zu verschaffen. Sie gaben an, dass sie von einem Amt beauftragt worden seien, die Wohnung zu desinfizieren. Doch ihre Absicht dabei war, sich in der Wohnung die Taschen mit Wertgegenständen, Schmuck und Geld zu füllen.

Andere hatten Solidaritätsaktionen während des Lockdowns im vergangenen Jahr unterwandert. Unbekannte klingeln an der Tür und geben sich als Nachbarn aus, die gerne für ihre älteren Anwohner einkaufen würden. Sie verlangen nach einem Einkaufszettel sowie Bargeld und versprechen, nach kurzer Zeit wieder zurück zu sein. Dann gehen sie – und tauchen nie wieder auf.

Gegen «jeglichen gesunden Menschenverstand»

Und nun könnte auch die geplante Impf-Offensive erneut Betrüger anlocken. Für Avenir50plus-Geschäftsführerin Joos widerspricht das «jeglichem gesunden Menschenverstand» – ganz abgesehen davon, dass die Aktion an Methoden von bekannten Sekten erinnere. Es gefährde gerade auch ältere Menschen. «Stoppt diesen behördlichen Blödsinn, bevor er absehbaren Schaden anrichtet.»

Wie aber kann sich die Bevölkerung vor Betrügern schützen? Woran sind die echten BAG-Mitarbeitenden zu erkennen? Bis jetzt kann dazu auch das Bundesamt noch nichts sagen. «Es handelt sich vorerst um Vorschläge, die an die Kantone zur Konsultation geschickt wurden», betont BAG-Sprecherin Katrin Holenstein. Welche der vorgeschlagenen Massnahmen weiterverfolgt und wie die Details ausgestaltet werden, werde erst nach und aufgrund der Rückmeldungen festgelegt. (dba)

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