Eine Umfrage zeigt
Bevölkerung steht weiter hinter Berset

Aller Affären zum Trotz: Alain Bersets Rückhalt in der Bevölkerung ist nach wie vor gross. Das zeigt eine repräsentative Umfrage. Eine deutliche Mehrheit stellt sich gegen den Rücktritt des Bundespräsidenten.
Publiziert: 29.01.2023 um 11:22 Uhr
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Aktualisiert: 30.01.2023 um 14:41 Uhr
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Alain Bersets (l.) Popularität bleibt gross, obwohl sein ehemaliger Kommunikationschef Peter Lauener (r.) systematisch Informationen an Ringier-CEO Marc Walder weitergereicht haben soll.
Foto: Keystone

Eine Erpressungs-Affäre, ein Irrflug im Privatjet über Frankreich oder die Intervention gegen eine Handy-Antenne – Bundespräsident Alain Berset (50) hat in den vergangenen Monaten Affäre an Affäre gereiht.

Und nun auch noch die Corona-Leaks: Bersets langjähriger Kommunikationschef Peter Lauener (52) soll während der Corona-Pandemie systematisch Informationen weitergereicht haben an Marc Walder (57), den CEO des Ringier-Verlags, der auch den Blick herausgibt. Berset will davon nichts gewusst haben. Doch Bundesbern ist seither in heller Aufregung. Der Druck auf Berset ist deutlich gestiegen. Bereits wurden erste Rücktrittforderungen laut.

Zwei Drittel halten nichts von einem Rücktritt

Doch jetzt zeigt sich: Dem Ruf des amtierenden Bundespräsidenten in der Bevölkerung scheint all das nichts anhaben zu können. Obwohl viele Menschen Alain Berset nicht glauben, ist seine Popularität ungebrochen hoch. Darauf deutet eine repräsentative Umfrage, die das Forschungsinstitut Sotomo im Auftrag der «NZZ am Sonntag» durchgeführt hat.

Berset gilt in der Bevölkerung als drittsympathischster Bundesrat. Vor ihm liegen nur Mitte-Bundesrätin Viola Amherd (60) und SP-Magistratin Elisabeth Baume-Schneider (59). Bersets Sympathiewerte haben sich seit der letzten Umfrage der SRG im Oktober nicht verändert.

Überraschend ist: Eigentlich glaubt nur rund ein Drittel der Befragten Berset, dass er nichts von den Informations-Lecks in seinem Innendepartement wusste. 41 Prozent glauben ihm nicht. Trotzdem hält eine deutliche Mehrheit von 64 Prozent nichts von einem Rücktritt.

Alle anderen sollen schuld sein

Entscheidend für die Einschätzung der Ereignisse scheint die politische Haltung der Befragten zu sein. Während zwei Drittel der SVP-Wähler die Weitergabe der Informationen als «gravierend» beurteilen, hält ein Drittel der SP-Basis dies für «normale Kommunikationsarbeit».

Und das ist noch nicht alles: Die Mehrheit der Befragten sieht die Hauptschuld in der Affäre nicht bei Berset, sondern bei allen anderen Beteiligten. Gegenüber der «NZZ am Sonntag» spricht Sotomo-Geschäftsführer Michael Hermann von einem Trump-Effekt im Kleinen: «Es geht nicht darum, ob das, was Berset erzählt, wahr ist. Sondern ob er wahrhaftig wirkt.»

Erst Untersuchungsergebnisse abwarten

SP-Co-Präsidentin Mattea Meyer (35) zeigt sich über die Umfrageergebnisse erfreut: Bersets hohe Sympathiewerte zeigten, «dass die Menschen weiterhin Vertrauen in seine Politik haben und in die Art, wie er das Land durch die Pandemie geführt hat». Allerdings will auch Meyer die Indiskretionen nicht verharmlosen. Der Bundesrat könne so nicht mehr vertrauensvoll zusammenarbeiten. Es sei aber richtig, keine Vorverurteilung zu machen und die Ergebnisse der Justiz und der GPK abzuwarten.

Zu ganz anderen Schlüssen kommt der politische Gegner: «Bersets Beliebtheit hat nur deshalb nicht gelitten, weil die Enthüllungen etwas stützen, was die Leute schon vorher wussten: dass es eine Standleitung gab zwischen seinem Departement und dem Verlag Ringier», wird SVP-Parteileitungsmitglied Franz Grüter (59) zitiert.

Das Blatt kann sich rasch wenden

Mit Rücktrittsforderungen steht die SVP allerdings ziemlich alleine da. Auch bei der FDP findet eine Mehrheit, dass Berset sei Amt nicht räumen müsse. Bei der Mitte-Basis kommen sogar gleich satte 70 Prozent zum Schluss, dass Berset nicht zurücktreten müsse. Mitte-Präsident Gerhard Pfister (60) erklärt sich dies mit dem Respekt vor den Institutionen bei seiner Basis. Sollte sich allerdings herausstellen, dass Berset gelogen hat, dürfte sich das Blatt schnell wenden: «Dann wären auch bei der Mitte-Basis Vertrauen und Sympathie dahin.»

Die Umfrage fand vom 24. bis 26. Januar online statt. 1558 stimmberechtigte Personen aus der deutsch- und der französischsprachigen Schweiz nahmen daran teil. (dba)

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