Grünen-Chef Balthasar Glättli (51) zieht die Konsequenzen aus dem grünen Wahldebakel und tritt im Frühling 2024 von seinem Posten ab. Wer könnte auf ihn folgen?
Gerade bei den Frauen und den Jungen sei seine Partei überproportional stark, sagt Glättli selbst. «Ich hoffe natürlich, dass es auch Frauen gibt, die sich für dieses Amt zur Verfügung stellen», erklärt er gegenüber Radio SRF.
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Damit stehen vor allem Frauen im Fokus, die für den Job infrage gekommen:
- Irène Kälin (36): Die Aargauer Nationalrätin Irène Kälin hat im vergangenen Jahr als Nationalratspräsidentin geglänzt. So hat sie auch locker ihren Sitz in der Grossen Kammer verteidigt. Sie hat schon früh nach dem grünen Wahldebakel die Parteiführung hinterfragt. «Deshalb bin ich auch bereit, Verantwortung zu übernehmen, wenn dies gewünscht wird», sagt sie zu Blick. Dabei würde ihr aber ein Co-Präsidium vorschweben, um die beiden grossen Sprachregionen abzudecken. Gleichzeitig macht sie klar, dass sie andere Personen im Fokus sieht. «Ich überlasse gerne jemand anderem den Vortritt.»
- Franziska Ryser (32): Die St. Gallerin Franziska Ryser wurde vor vier Jahren in den Nationalrat gewählt und hat ihren Sitz bei den Wahlen verteidigt. Mit einem sehr guten Resultat: So erhielt sie zum Beispiel nur 500 Stimmen weniger als Bauernpräsident Markus Ritter (56). In den wenigen Jahren in Bern hat sie es nicht nur zur Vizepräsidentin der Grünen gebracht, sie amtet auch in der PUK zur Credit Suisse als Vizechefin. Sie erwartet derzeit ihr erstes Kind.
- Greta Gysin (40): Mit Greta Gysin holten die Tessiner Grünen vor vier Jahren erstmals einen Sitz im Bundeshaus. Nun fordert sie bei der zweiten Runde der Ständeratswahlen SVP-Chef Marco Chiesa (49) heraus. Mit ihren Baselbieter Wurzeln ist sie perfekt mehrsprachig. «Wir sollten uns zuerst überlegen, wie wir uns am sinnvollsten aufstellen in den nächsten Jahren und welches Profil wir wo brauchen», sagt sie zu Blick. «Wenn sich bei dieser Überlegung zeigt, dass ich gut ins Präsidium passen würde, dann werde ich mir das sicher überlegen.»
- Aline Trede (40): Die Berner Nationalrätin Aline Trede ist seit drei Jahren Fraktionschefin der Grünen. Damals übernahm sie das Amt von Balthasar Glättli. Gut möglich, dass auch sie einen derartigen Wechsel von der Fraktions- an die Parteispitze anstrebt. «Ich werde mir das gut überlegen», sagt sie zu Blick. Jetzt müssten sie in der Partei schauen, was das beste für die Grünen sei. Und: «Wir haben viel vor.» Damit meint Trede den Parteiaufbau und Projekte wie die Solarinitiative.
- Manuela Weichelt (56): Die Zuger Nationalrätin Manuela Weichelt hat immer wieder Interesse an einer Bundesratskandidatur gezeigt, dann aber verzichtet. Sie hat durchaus Ambitionen und könnte daher gut auch als Parteichefin fungieren. Kommt hinzu: Als frühere Regierungsrätin hat sie viel Führungserfahrung.
- Marionna Schlatter (43): Auf den Zürcher Glättli könnte auch eine Zürcherin folgen. Nationalrätin Marionna Schlatter sitzt seit 2019 im Parlament und hat sich dort als Sicherheits- und Verkehrspolitikerin profiliert. «Das Amt ist eine grosse Aufgabe», sagt sie auf Anfrage. «Ich werde mir das gut überlegen und es mit meiner Familie besprechen.» Es sei sicher nicht einfach, die Partei nach einer Niederlage zu übernehmen, findet sie. «Aber es ist auch so, dass die Grünen so mitgliederstark sind wie noch nie und tolle Projekte, wie zum Beispiel die Solarinitiative, anstehen.»
- Nicolas Walder (57): Der Genfer Nationalrat Nicolas Walder sitzt bereits im Vizepräsidium. Und steht auch für mehr bereit. «Ich würde mich sowohl als Präsident oder als Co-Präsident zur Verfügung stellen», sagt Walder zu Blick. Das hänge von der Strategie der Partei ab, die nun diskutiert werde. «Ideal wäre ein Co-Präsidium.» Er hält es für wichtig, dass Romandie und Deutschschweiz in der Parteispitze repräsentiert würden. «So können wir die verschiedenen Sensibilitäten und Prioritäten einbringen.»
Abhängig von der Strategie der Grünen kommen auch weitere Kandidatinnen und Kandidaten infrage. Für den Freiburger Gerhard Andrey (47) steht derzeit seine Bundesratskandidatur im Zentrum, daher stelle sich die Frage nach den Parteipräsidium derzeit nicht. «Was danach sein wird, kann ich heute noch nicht sagen», meint er. «Generell würde ich ein Co-Präsidium gut finden, auch, um die ganze Vielfalt der Partei gut verkörpern zu können.»
Gut möglich also, dass es wie bei der SP auf ein Co-Präsidium hinausläuft. Allerdings haben die Grünen bereits einmal mit einem regional gemischten Team – damals mit Regula Rytz (61) und Adèle Thorens Goumaz (51) – die Parteispitze besetzt, was nicht gerade gut funktioniert hatte.