Drohender Stromengpass im Winter
Behinderte schlagen Alarm

Saunas oder Leuchtreklamen könnte der Stecker gezogen werden, wenn der Strom knapp wird. Sogar Rolltreppen und Lifte könnten stillstehen, die für handicapierte Menschen unerlässlich sind. Behinderten-Organisationen fordern vom Bund entsprechende Pläne.
Publiziert: 03.10.2022 um 11:17 Uhr
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Dass in einer Strommangellage Rolltreppen und Liften der Stecker gezogen werden könnte, bereitet Gehbehinderten Sorgen.
Foto: PIUS KOLLER

Es wird eng. Im Winter droht der Schweiz ein Energieengpass. SP-Energieministerin Simonetta Sommaruga (62) und SVP-Wirtschaftsminister Guy Parmelin (62) rufen bei jeder Gelegenheit zum Energiesparen auf. Sonst drohten Kontingentierungen und Netzabschaltungen. Der Notfallplan sieht Einschränkungen und Verbote vor – von Saunas, über Schaufensterbeleuchtungen bis hin zu Rolltreppen und Aufzügen. Nur absolut existenzielle Einrichtungen sollen verschont bleiben.

Das bereitet gerade Menschen mit Behinderungen Sorge. Für sie seien mit Strom betriebene Hilfsmittel unerlässlich. Ein Strommangel würde sie in ihrer Autonomie empfindlich treffen, schlägt die Organisation Inclusion Handicap Alarm. Sie fordert daher vom Bundesrat einen Plan, der diese besonderen Bedürfnisse berücksichtigt. Sauna oder Lift – das mache einen Unterschied.

Pläne des Bundes sind noch völlig unklar

Sicherheit und Autonomie von Menschen mit Behinderung müssten von Anfang an hohe Priorität haben. Ein selbstbestimmtes Leben in den eigenen vier Wänden sollte trotz Behinderung Standard sein. Das entspreche der Uno-Menschenrechtskonvention und müsse auch bei einem Strommangel möglich bleiben. Noch immer aber sei beim Notfallplan des Bundes völlig unklar, welche Überlegungen für die besonderen Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung eingeflossen seien.

Der Massnahmenplan bereitet auch Mitte-Nationalrat Christian Lohr (60) Kopfzerbrechen. Der Thurgauer weiss, wovon er spricht, ist er doch selber auf den Rollstuhl angewiesen. «Menschen mit Behinderungen sowie mobilitätseingeschränkte und alters- oder krankheitsbedingt vulnerable Personen könnten sich bei Stromunterbrüchen mit schwerwiegenden Problemen konfrontiert sehen», sagt er. Das beginne bereits beim Stromsparen. Gemeinsam mit Grünen-Ständerätin Maya Graf (60) ruft er den Bundesrat deshalb dazu auf, dies in seinen Plänen zu berücksichtigen.

Stromausfall kann lebensgefährlich sein

Bei Stromausfällen stünden Menschen mit Behinderungen nicht nur vor zahlreichen Hürden, diese könnten für sie sogar lebensgefährlich sein. So werden nicht nur viele Hilfsmittel wie Elektrorollstühle, Hebehilfen, Aufzüge, automatische Türen, Warn- oder Beatmungsgeräte elektrisch betrieben. Auch müssten beispielsweise notwendige Medikamente im Kühlschrank aufbewahrt werden. Das alles scheint von den Behörden bisher nicht berücksichtigt worden zu sein.

Die Massnahmen des Bundesrats dürften nicht auf dem Buckel vulnerabler Menschen umgesetzt werden, heisst es auch bei Pro Senectute. Mehrere Hunderttausend Seniorinnen und Senioren dürften altershalber im Alltag auf Hilfsmittel wie Lifte angewiesen sein, schätzt Sprecher Peter Burri Follath (52). Ihnen dürfe im Alltag kein massiver Nachteil entstehen. «Es gibt sicher noch weitere Möglichkeiten, wo vielleicht zuerst noch eingespart werden müsste.» (dba)

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