Dreister Trick
Spitäler schwindeln auf Kosten von Prämienzahlenden

Spitäler erzielen hohe Profite durch einen Trick. Dafür nutzen sie eine Gesetzesänderung, die eigentlich Kosten sparen sollte. Auch die Auslagerung von Röntgenbildern ins Ausland wirft Fragen auf. Das zeigen neue Recherchen.
Publiziert: 16.12.2024 um 08:44 Uhr
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Aktualisiert: 16.12.2024 um 14:43 Uhr
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Spitäler tricksen auf Kosten von Prämienzahlenden, um Profite zu erzielen.
Foto: Keystone

Auf einen Blick

  • Schweizer Spitäler stellen überhöhte Rechnungen für Medizinprodukte an Krankenkassen
  • Gesetzesänderung wird ausgenutzt, die eigentlich Kosten sparen sollte
  • Ein Spital verlangte 1500 Franken für einen Ballon, der 60 Franken kostete
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Céline ZahnoRedaktorin Politik

Die Prämien klettern jedes Jahr weiter nach oben, die Gesundheitskosten sind hoch. Eigentlich wäre überall Sparen an der Tagesordnung.

Einige Schweizer Spitäler machen allerdings das Gegenteil. Seit einigen Monaten stellen sie massiv überhöhte Rechnungen für Medizinprodukte an Krankenkassen und fahren so Profite ein. Das zeigt eine Recherche des «Tages-Anzeigers».

Die Zeitung weiss von mehreren Beispielen. Ein Spital zahlte für einen einzelnen Ballon 60 Franken und verlangte dafür fast 1500 Franken. Mit diesem Implantat werden verengte Stellen in Arterien erweitert. Oder das Spital verlangte 17'000 Franken für mehrere kleine Implantate – statt der bezahlten 1462 Franken.

Trick dank Gesetzesänderung

Dafür machen sie sich eine Gesetzesänderung zu Nutzen – die eigentlich veranlasst wurde, um Kosten zu senken. Sie sollte bewirken, dass Rabatte, die Spitäler oder Praxen beim Einkauf erhalten, an Krankenkassen weitergegeben werden. Als Anreiz für harte Verhandlungen beim Einkauf erhalten die Spitäler und Praxen selbst eine Belohnung: Sie dürfen bis zu 49 Prozent der Rabatte im ambulanten Bereich behalten. Den Rest erhalten die Kassen.

Einige Spitäler machen sich diese Regelung aber für einen dreisten Trick zunutze. Das funktioniert so: Bei Medizinprodukten sind die Preise geheim. Und es gibt zwei verschiedene Preise. Erstens den Listenpreis, der festgelegt wird, wenn ein Produkt erstmals auf den Markt kommt. Und zweitens den Nettopreis, der durch Preisverhandlungen oder technologischen Fortschritt über Jahre hinweg fällt.

Seit der Gesetzesänderung steht auf den Lieferscheinen sowohl der Nettopreis als auch der viel höhere Listenpreis. Das ergibt dann enorme Rabatte, die allerdings fiktiv sind, weil der Lieferant den höheren Preis gar nie verlangt hat.

Untersuchungen laufen

Gemäss Recherchen des «Tages-Anzeigers» sei vor allem die Hirslanden-Gruppe damit auffällig geworden, die 17 Spitäler in zehn verschiedenen Kantonen besitzt. Auf Anfrage erklärte Hirslanden, dass man Anfang Dezember eine Kanzlei mit einer Untersuchung beauftragt habe. Sie soll klären, ob es bei der Umsetzung von Vergünstitungen und Rechnungsstellungen zu Fehlern gekommen sei.

Auch Krankenkassen bestätigen die Recherche gegenüber der Zeitung. Die CSS teilt etwa mit, dass «einzelne Leistungserbringer dieses Prinzip systematisch anwenden». Die Kassen haben auch die Reissleine gezogen – und den Vertrag, der als Grundlage für die Rabattregelung gilt, per Jahresende gekündigt.

Röntgenbilder im Ausland

Nicht nur mit der Rabattregelung erzielen Spitäler Profite. Einige Privatspitäler, darunter die Hirslanden-Gruppe, oder Radiologiefirmen lassen CT-, MRI- und Röntgenbilder billiger im Ausland erstellen. Die Leistungen verrechnen sie allerdings nach Schweizer Tarifen. Das deckt eine Recherche von CH Media auf.

Illegal ist die Praxis zwar nicht, hält das Bundesamt für Gesundheit fest. Allerdings ist laut der Zeitung auch keine Behörde richtig für das Thema zuständig. So erhalte man keine klare Antwort darauf, ob Patienten informiert werden müssten, wenn ihre Daten ins Ausland gehen.

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