Sonnen- statt Klimaschutz: Viele Schweizerinnen und Schweizer wollen noch einmal Sonne tanken, bevor der Winter Einzug hält – und sind in die Herbstferien geflogen.
SP-Nationalrätin Samira Marti (25) beobachtet das geschäftige Treiben an den Flughäfen zur Ferienzeit mit Sorge. Geht es nach der Baselbieterin, sollen wir der Umwelt zuliebe künftig mit dem Zug statt dem Flugzeug verreisen. Doch Zugfahren ist teuer – und braucht viel Zeit. Ihre Forderung deshalb: Wer die Bahn nimmt, soll mehr Ferien bekommen.
In einem Vorstoss, den die SP-Politikerin bereits formuliert hat und im Dezember einreichen will, fordert sie den Bundesrat auf, dieses Modell zu prüfen. Konkret schlägt Marti vor, dass Angestellte bei Vorweisen eines internationalen Zugtickets oder vergleichbaren Angeboten für die ausgewiesene Reisezeit einen entsprechenden Ferienzuschlag bekommen. Wer zum Beispiel nach London fährt – Reisezeit hin und zurück etwa 15 Stunden –, würde so zwei zusätzliche Ferientage kriegen. Sozusagen als Versuchskaninchen soll der Bundesrat zudem prüfen, ob das Modell erst einmal bei den Bundesangestellten getestet werden kann.
Anreize und nicht bloss Verzicht
«Im Moment dominiert in der Klimaschutz-Diskussion der Anspruch, dass vor allem die normale Bevölkerung verzichten muss», begründet Marti ihren Vorstoss. Doch ausschliesslich auf Verbote und Verzicht zu setzen, sei nicht mehrheitsfähig. «Deshalb müssen wir auch andere Massnahmen prüfen, besonders solche, die sozialverträglich sind», sagt Marti.
Weil Zugreisen nicht nur teurer sind, sondern auch länger dauern, könnten sich heute fast nur Menschen mit höheren Einkommen diese Art zu reisen leisten, kritisiert die Politikerin. Beim Preis will man mit der Flugticketabgabe ansetzen, der das Parlament bereits zugestimmt hat. Martis Vorstoss soll auch den zweiten Nachteil des Zugfahrens aufwiegen.
Arbeitgeberverband hält nichts vom Vorschlag
Auf Support von Seiten der Gewerkschaften kann die SPlerin schon einmal zählen. «Es ist ein konstruktiver Vorschlag, der sich zu prüfen lohnt», sagt Adrian Wüthrich (39), Präsident von Travailsuisse und ebenfalls SP-Nationalrat. Der Gewerkschaftsdachverband konnte eben erst einen Durchbruch feiern, als das Parlament Ja zu einem zweiwöchigen Vaterschaftsurlaub sagte.
Die Arbeitgeber sehen das freilich ganz anders. Sie trügen zum Klimaschutz bei, indem man beispielsweise auf umweltfreundliche Fahrzeugflotten oder «klimaschonende Arbeitsmodelle» setze, sagt Fredy Greuter vom Schweizer Arbeitgeberverband. «Darüber hinaus liegt es jedoch nicht an den Arbeitgebern, private Verhaltensweisen ohne Bezug zur Arbeit generell zu steuern.»