Auf einen Blick
- Bundesratsaspirant Markus Ritter und Martin Pfister kandidieren für Viola Amherds Nachfolge
- Regierungsrätinnen ohne Bundeserfahrung wurden in der Vergangenheit gewählt
- Drei schafften den direkten Sprung aus der kantonalen Politik in den Bundesrat seit 1999
Was der Bauer nicht kennt, das frisst er bekanntermassen nicht! Auf dieses derbe Sprichwort könnte Bundesratskandidat und Bauernpräsident Markus Ritter (57) hoffen. Zumindest was die Ersatzwahl für die abtretende Viola Amherd (62) am 12. März betrifft.
Neben Ritter hat sich am Montag Martin Pfister (61) aus der Deckung gewagt. Der Zuger Regierungsrat möchte wie Ritter gerne für die Mitte den Sitz in der Landesregierung übernehmen. Pfisters grösster Nachteil: Er hat keine Erfahrung im Bundeshaus, war nie Mitglied des Parlaments. Und die Vereinigte Bundesversammlung wählt traditionell lieber jemanden aus den eigenen Reihen.
Metzler und Calmy-Rey schafften den Sprung
Ein Blick in die Geschichtsbücher zeigt aber: Es ist durchaus möglich, dass man ohne Bern-Erfahrung in die Regierung gewählt wird. Allerdings gelang das in der jüngsten Vergangenheit nur Regierungsrätinnen. Wie schafften sie das?
1999 wählte das Parlament die damals erst 34-jährige Ruth Metzler (60) in den Bundesrat. Die CVP-Politikerin war seinerzeit ausserhalb der Ostschweiz kaum bekannt. Die Juristin und Wirtschaftsprüferin war im Kanton Appenzell Innerrhoden Vorsteherin des Finanzdepartements. Ihren Weg ebnete die CVP-Parteileitung, die damals beschloss, die zusammen zurücktretenden Arnold Koller (91) und Flavio Cotti (1939–2020) durch Kandidaturen auf einem Frauen- und einem Männerticket zu ersetzen.
Neben Metzler kandidierte die St. Galler Volkswirtschaftsministerin Rita Roos (73). Das Parlament hatte also die Wahl zwischen zwei Regierungsrätinnen und entschied sich knapp für Metzler.
Drei Jahre später gelang auch Micheline Calmy-Rey (79) die Wahl in die Regierung, ohne dass sie davor in Bundesbern politisierte. Ihre politische Laufbahn begann die Sozialdemokratin 1981 im Genfer Kantonsparlament, bevor sie 1997 als Staatsrätin in die Kantonsregierung eintrat. Dort leitete die Genferin das Finanzdepartement. Schliesslich führte ihr Weg direkt ins Bundeshaus, wo sie die Nachfolge von Ruth Dreifuss (85) antrat.
Auf Blocher folgte Widmer-Schlumpf
Fünf Jahre später rückte Eveline Widmer-Schlumpf (68) ins Rampenlicht. Von 1998 bis 2007 war sie Mitglied der Bündner Regierung – als erste Frau überhaupt. Die SVP-Politikerin stand dem Finanz- und Militärdepartement vor und übernahm zudem den Vorsitz der Konferenz der kantonalen Finanzdirektoren. Ihre Wahl gilt bis heute als einer der grössten Coups in der Schweizer Politik. Am 12. Dezember 2007 wurde Bundesrat Christoph Blocher (84) überraschend abgewählt – an seiner Stelle sass im Bundesrat dann Widmer-Schlumpf.
Zunächst nahm Widmer-Schlumpf die Wahl nicht sofort an. Erst nach einer Bedenkzeit von einem Tag erklärte sie ihre Annahme. Die SVP-Führung war empört, da sie nur Blocher als offiziellen Kandidaten aufgestellt hatte. In der Folge wurde Widmer-Schlumpf zusammen mit Bundesrat Samuel Schmid (78) aus der SVP ausgeschlossen.
Der Rückblick macht deutlich: Es waren wenige und geschichtsträchtige Momente, die dazu führten, dass Parlamentarierinnen ohne Bundeshauserfahrung in den Bundesrat einzogen. Auf genau einen solchen Moment dürfte Pfister nun ebenfalls hoffen.