Immer mehr Leute in Quarantäne und Isolation, immer weniger Leute am Arbeitsplatz. Und damit drohende Versorgungsengpässe. Der Bundesrat hat am Mittwoch die Reissleine gezogen und die Quarantäne- sowie die Isolationsfrist auf fünf Tage verkürzt.
Blick beantworte die wichtigsten Fragen, was die neuen Regeln konkret bedeuten.
Wie viele Personen fallen derzeit aus?
Stand Donnerstagmorgen befanden sich gemäss Dashboard des Bundesamts für Gesundheit (BAG) rund 163'000 Personen in Isolation, die sich mit dem Coronavirus infiziert haben. Rund 57'000 Personen waren in Quarantäne, weil sie mit einer infizierten Person engen Kontakt hatten. Insgesamt also rund 220'000 Personen. Diese fehlen in Fabriken, in Schulen – oder in Spitälern. Insgesamt dürften es aber noch weit mehr sein, da die Zahlen aus vier Kantonen fehlten.
In diesen Tagen wird die Zahl aber vorübergehend deutlich sinken. Denn grundsätzlich dürfen auch jene Personen, die zuvor eine zehntägige Isolation bzw. eine siebentägige Quarantäne auferlegt erhalten haben, nun schon nach fünf Tagen wieder raus. Einige Kantone haben die Verkürzung auch rückwirkend bereits umgesetzt.
Wer muss in Isolation?
Wer sich mit dem Coronavirus infiziert, muss für mindestens fünf Tage in Isolation – unabhängig vom Impfstatus. Die Isolation beginnt mit den ersten Symptomen oder bei Symptomlosen ab einem positiven Testresultat.
Allerdings kann die Isolation auch länger als fünf Tage dauern. Um die Isolation beenden zu können, muss eine Person nämlich seit mindestens 48 Stunden symptomfrei sein. Aber auch bei nur noch leichten Symptomen wie «einem leichten Husten» oder wenn «nur noch der Geruchs- oder Geschmackssinn fehlt», darf man die Isolation nach fünf Tagen beenden, wie das BAG erklärt. «Bei diesen Symptomen kann es länger dauern, bis sie vollständig abklingen.» Allerdings wird in solchen Fällen weiterhin das Maskentragen empfohlen.
Die Kantone können zudem Ausnahmen gewähren, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Etwa für Personen mit einer Tätigkeit, «die für die Gesellschaft von grosser Bedeutung ist und bei der ein akuter Personalmangel herrscht». Zudem muss ein Schutzkonzept vorhanden sein, um Ansteckungen zu verhindern. Eine solche Ausnahme gilt übrigens nur für die Berufsausübung selbst und den Arbeitsweg. Und die Betroffenen müssen ausserhalb ihrer Wohnung immer eine Maske tragen und Abstand halten.
Entscheidend sind immer die Anordnungen des Contact Tracings des Kantons.
Wer muss in Quarantäne?
Die Kontaktquarantäne wird ebenfalls auf fünf Tage verkürzt. Zudem wird sie auf Personen beschränkt, die mit einer positiv getesteten Person im selben Haushalt leben oder in ähnlicher Weise regelmässigen und engen Kontakt hatten. Die Quarantäne beginnt mit dem Zeitpunkt des letzten Kontakts.
Es gibt aber Ausnahmen! Wer seine letzte Impfdosis vor weniger als vier Monaten erhalten hat oder vor weniger als vier Monaten genesen ist, ist von der Quarantänepflicht befreit.
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Auch zur Kontaktquarantäne können die Kantone – wie bei der Isolation – Ausnahmen gewähren, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Bei der Quarantäne sind die Ausnahmen sogar noch ein bisschen weiter gefasst. So ist die Quarantänebefreiung etwa auch für Betriebe mit regelmässigem Testen möglich. Doch auch hier gilt die Ausnahme nur für den Job. Für alle privaten Lebensbereiche gilt die Quarantänepflicht!
Entscheidend sind jeweils die Anweisungen des Contact Tracings.
Was gilt für Reiserückkehrer?
Zurzeit gibt es keine Quarantänepflicht für Einreisende. Ausschlaggebend ist dabei die Liste der Länder mit besorgniserregender Virusvariante – und die ist im Moment leer.
Mit wenigen Ausnahmen müssen aber alle Einreisenden ein Einreiseformular und ein negatives Testresultat vorweisen.
Ist die Verkürzung ein Risiko?
Ja, die Verkürzung bedeutet ein gewisses Risiko. Gesundheitsminister Alain Berset (49) spricht denn auch von einer «pragmatischen Strategie mit Risiken».
Trotzdem ist die Verkürzung vertretbar. Selbst die wissenschaftliche Corona-Taskforce spricht von einem gangbaren Kompromiss. Die Omikron-Variante hat die Risikolage verändert. Die Wahrscheinlichkeit eines schweren Krankheitsverlaufs aufgrund einer Omikron-Infektion ist nämlich tiefer als bei einer Delta-Infektion.
Die vollständige Impfung oder eine frühere Infektion senken das Risiko einer Hospitalisierung weiter. Am besten geschützt sind Personen mit einer Auffrischimpfung. Zudem landen mit Omikron hospitalisierte Personen seltener auf der Intensivstation als mit der Delta-Variante.
Ausschlaggebend für die Verkürzung von Isolation und Quarantäne ist aber, dass sich bei der Omikron-Variante auch der zeitliche Abstand zwischen Infektion und Weitergabe des Virus verkürzt hat.
Wird die Quarantänepflicht bald abgeschafft?
In den letzten Tagen hat die Diskussion über eine gänzliche Abschaffung der Quarantänepflicht an Fahrt gewonnen. Der Grund: Die Omikron-Welle ist nicht mehr aufzuhalten, das Contact Tracing kommt zunehmend an den Anschlag. Zudem wird die Dunkelziffer an Ansteckungen etwa dreimal so hoch geschätzt, wie die bestätigten Infektionen.
Deshalb fühlt der Bund den Kantonen in der laufenden Konsultation zur Verlängerung der bestehenden Corona-Schutzassnahmen auch gleich auf den Zahn, wie sie zu einer weiteren Lockerung bei Isolation und Quarantäne stehen. So will der Bund von den Kantonen wissen, wie sie zu einer Selbstisolation beziehungsweise einer Selbstquarantäne stehen? Konkret würden sich die Betroffenen nicht mehr aufgrund einer behördlichen Anordnung, sondern in Eigenverantwortung in Isolation oder Quarantäne begeben.
Zudem will der Bund wissen, ob «die Quarantäneregeln angesichts der hohen Viruszirkulation vorübergehend ausgesetzt werden sollen». Damit würde die Quarantänepflicht gleich ganz abgeschafft.
Wobei Gesundheitsminister Alain Berset (49) die Isolation nur pro forma infrage stellt, wie Insider versichern: Die Regierung baut vielmehr darauf, dass die Kantone vor solch weitgehenden Massnahmen zurückschrecken – und ihr zumindest für eine Weiterführung der Isolation den Rücken stärken.
Ob die Rechnung aufgeht, wird man bald wissen: Die Kantone haben nur bis am nächsten Montagmorgen Zeit, diese Fragen zu beantworten. Bereits am 19. Januar will der Bundesrat über das weitere Vorgehen entscheiden.