«Wurde mehr über Bundesratswahl gesprochen als über Initiative»
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Cloé Jans zieht Bilanz:«Es wurde mehr über die Bundesratswahl gesprochen»

Umwelt-Initiative scheitert
Bewegt sich die Klimabewegung im Kreis?

Am 9. Februar wurde über die Umweltverantwortungs-Initiative der Jungen Grünen abgestimmt. Wie zu erwarten, kam es zu einer schmerzlichen Niederlage. Doch nicht nur dort.
Publiziert: 09.02.2025 um 00:01 Uhr
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Aktualisiert: 10.02.2025 um 09:33 Uhr
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Die Abstimmung über die Umweltverantwortungs-Initiative endete mit einer Schlappe für die Jungen Grünen.
Foto: keystone-sda.ch

Auf einen Blick

  • Umweltverantwortungs-Initiative: Abstimmung am 9. Februar über verantwortungsvolle Wirtschaft innerhalb planetarer Grenzen
  • Initiative fordert Ressourcenverbrauch im Verhältnis zur Weltbevölkerung, Umsetzungsfrist von 10 Jahren
  • Ablehnung der Initiative stieg von 49 Prozent vor Weihnachten auf 61 Prozent
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.

Schon um kurz nach 12.00 Uhr war klar: Magdalena Erni (21) und die jungen Grünen erleiden am Sonntag mit ihrer Umweltverantwortungs-Initiative Schiffbruch. Die Schweiz will nichts davon wissen, dass die Schweizer Wirtschaft nur noch so viele Ressourcen verbraucht, wie der Schweiz im Verhältnis zum Rest der Welt eigentlich zustehen würden.

Für Klimaminister Albert Rösti (57) ist klar: «Das Nein ist gewiss kein Nein zum Schutz der Umwelt», sagte er an der Medienkonferenz. Es sei vielmehr ein Nein zu einem radikal anderen Leben gewesen. «Wir schauen gut zu unserer Natur, aber wir tun dies mit Umsicht.»

Röstis Worte widerspiegeln den Volkswillen. Doch es ist der nächste Rückschlag für die Klimabewegung. Auch in den Kantonen Schaffhausen und Solothurn gab es am Sonntag Niederlagen.

«Wo es persönlich schmerzhaft wird, sagt man eher Nein»

Der Klimawandel gehört laut Umfragen weiterhin zu den grössten Sorgen der Schweizer Stimmbevölkerung. 2023 verankerte das Volk gar das Netto-Null-Ziel bis 2050 unüblich deutlich im Bundesgesetz. Und im Jahr darauf sendete die Schweiz mit der Annahme des Stromgesetzes ein klares Signal für die Energiewende.

Das überdeutliche Nein zur Umweltverantwortungs-Initiative widerspiegelt aber: Im Vergleich zu anderen politischen Herausforderungen verliert der Klimaschutz wieder fortlaufend an Stellenwert. Das gilt insbesondere, wenn er sich gegen die Wirtschaft auflehnt.

«Die Grünen haben Mühe, die Diskussion mitzuprägen»
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Cloé Jans zur Niederlage:«Die Grünen haben Mühe, die Diskussion mitzuprägen»

«Wo es persönlich schmerzhaft wird, wo Verbote oder höhere Preise drohen, sagt man eher Nein», erinnert Politologin Cloé Jans (38) bei Blick TV an vergangene Vorlagen. «Bei Visionärem, wie dem Netto-Null-Ziel, ist man eher bereit, Ja zu sagen.»

Anreize statt Verbote – doch reichen die?

Politik und Volk wollen also lieber Anreize als Verbote. So setzt etwa der erneute Anlauf einer Neuauflage des CO2-Gesetzes, der Anfang dieses Jahr in Kraft getreten ist, primär auf finanzielle Zustupfe, technologische Weiterentwicklungen – und eine weitere Verlagerung der Reduktionsziele ins Ausland.

Genügt das wirklich, um die gesteckten Ziele zu erreichen? Im vergangenen Jahr verurteilte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Schweiz. Die Eidgenossenschaft mache zu wenig, um die Menschen vor den Folgen der Klimaerwärmung zu schützen. Bundesrat und Parlament sehen keinen Handlungsbedarf. Mit den neuen Gesetzen erfülle die Schweiz das bereits. Voraussichtlich im März wird die Ministerkommission des Europarats entscheiden, ob sie das genauso sieht.

Nicht nur auf politischer, auch auf den privaten Märkten drohen nun Rückschläge: Wie die «Sonntagszeitung» berichtet, wurden weniger Wärmepumpen gekauft, auch das E-Auto ist nicht mehr so beliebt. Bei der Solarenergie wird 2025 mit einem Rückgang gerechnet.

Gleichzeitig soll mit dem Sparprogramm beim Gebäudeprogramm Abstriche gemacht werden. Dort stelle man grosse Mitnahmeeffekte fest, sagt Bundesrat Rösti. «Jemand nimmt eine Subvention, wenn er das Heizungssystem sowieso ersetzen müsste.» Durch eine grössere Effizienz der Mittel, könnte mehr erreicht werden.

Die Ziele bei der Dekarbonisierung, zum Beispiel von Heizungen, seien sehr hoch und sehr ambitioniert, gibt Bundesrat Rösti zu. Es zeige sich eine gewisse Sättigung des Tempos. «Ich gehe davon aus, dass mit der Inkraftsetzung des Klima- und Innovationsgesetzes hier wieder Fortschritte bestehen sollen.» Dort gebe es neue Unterstützungsmöglichkeiten, zum Beispiel für Mehrfamilienhäuser.

Politologin: «Kein Selbstläufer»

Ein Umwelt- und Klimaschutz bleibe trotz allem aktuell, so Politologin Cloé Jans. Und er sei auch nicht chancenlos. «Es ist nicht so, dass alle Umweltanliegen bei der Bevölkerung keine Chancen hatten. Aber es ist sicher kein Selbstläufer.»

So dürfte das Volk dann auch bald über einen Klima-Fonds abstimmen. Oder über die Möglichkeit befinden, neue Kernkraftwerke zu bauen. Die SVP bringt gar einen Austritt aus dem Pariser Klimaabkommen aufs Tapet. So wie es die USA bereits gemacht haben. Doch da stellt sich selbst SVP-Bundesrat Rösti dagegen, wie er an der Medienkonferenz sagte. Das Volk habe mit dem Ja zum Klimaschutzgesetz die Ziele aus dem Abkommen bestätigt.

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