Auf unsere deutschen Nachbarn können wir uns derzeit verlassen – auch nach dem Aus für den EU-Rahmenvertrag. Bundesrat Guy Parmelin (62) habe am Freitag bei einem Treffen mit der deutschen Ministerin für Bildung und Forschung, Bettina Stark-Watzinger (53), die Situation aus Schweizer Sicht geschildert. Er sei dabei auf Verständnis gestossen, sagt WBF-Sprecher Urs Wiedmer.
Für Stark-Watzinger sei die Verknüpfung zwischen dem Wissenschafts- und einem Marktabkommen, die nichts miteinander zu tun hätten, unverständlich. Wenn die Schweiz und auch Grossbritannien nicht bei Horizon Europe dabei seien, werde der europäische Forschungsplatz massiv geschwächt, sagte sie laut Wiedmer.
Stimmen gegen Entscheid aus Brüssel mehren sich
Die Forschungsministerin Deutschlands will sich wie die finnischen Behörden, denen Parmelin am Vortag einen Besuch abgestattet hatte, entsprechend für die Schweiz in Brüssel einsetzen. Aus Österreich seien diesbezüglich ebenfalls bereits positive Signale gekommen.
Auch der Bundesverband der Deutschen Industrie habe Unverständnis über die Situation der Schweiz geäussert. Denn mit der Verknüpfung des Forschungs- mit dem Rahmenabkommen seien auch nachgelagerte deutsche Wirtschaftsbereiche wie etwa neue Start-Up-Unternehmen betroffen.
Bund sucht gleichzeitig nach Alternativen
Damit steigt der Druck auf die EU, nach dem Aus für das Rahmenabkommen ihre Strafaktion gegen die Schweiz zu beenden. Gerade das gewichtige EU-Mitglied Deutschland versucht, uns beizustehen. So hat sich etwa Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (73) beim Vize-Präsidenten der EU-Kommission, Maros Sefcovic (55), für uns eingesetzt.
Daneben hatte Deutschland signalisiert, trotz ausgelaufenem Abkommen in der Schweiz zertifizierte Medizinprodukte im Alleingang wieder anzuerkennen – sehr zum Unwillen von Brüssel.
«Wir wären bereit, um zu verhandeln», sagt Wiedmer weiter. Ziel des Bundesrats sei die Vollassozierung am Forschungsabkommen Horizon Europe. Gleichzeitig suche die Schweiz aber natürlich auch nach alternativen Möglichkeiten. So sei sie mit Grossbritannien übereingekommen, noch im ersten Halbjahr ein entsprechendes Memorandum of Understanding abzuschliessen. (SDA)