Nachdem der Bundesrat das Rahmenabkommen mit der EU endgültig versenkt hat, scheint der bilaterale Weg in eine Sackgasse zu münden. Die EU piesackt die Schweiz – etwa, wenn sie die Anerkennung von Schweizer Medizinaltechnikprodukten verweigert oder die Schweiz aus dem bedeutsamen Forschungsprogramm Horizon Europe ausschliesst.
Und einen Ausweg aus der Sackgasse hat die Landesregierung bislang nicht gefunden. Bundespräsident Ignazio Cassis (60) will sich Zeit lassen, in den kommenden zwei Jahren eine Auslegeordnung vornehmen und einen politischen Dialog mit der EU anstreben.
Zwei Jahre Bedenkzeit sind «inakzeptabel»
Dem Wirtschaftsdachverband Economiesuisse lupft es deswegen nun den Hut. «Der Bundesrat hat trotz des beträchtlichen Schadenpotenzials weder einen konkreten Plan, wie der Schaden minimiert werden soll, noch wie es mit der Europapolitik weitergehen soll», kritisiert der Verband in einer neuen Publikation.
Ein grosses Zeitfenster, wie es Cassis vorschwebe, sei «inakzeptabel», sagt Economiesuisse-Präsident Christoph Mäder (62). Es müsse jetzt gehandelt werden.
Zuallererst müsse die Landesregierung sich entscheiden: Will sie den bilateralen Weg fortsetzen, brauche es ein klares Bekenntnis zur Lösung der offenen Fragen rund um Personenfreizügigkeit, Rechtsübernahme und Streitschlichtung. Sieht die Regierung keine Lösung in dieser Frage, müsse sie eine Alternative entwickeln und beispielsweise ein Freihandelsabkommen anstreben.
Verträge sind einzuhalten!
Doch Economiesuisse will den Bundesrat nicht nur in die Pflicht nehmen, vorwärts zu machen. Er soll sich auch gegen die Strafaktionen Brüssels wehren. Pacta sunt servanda – Verträge sind einzuhalten, mahnt der Wirtschaftsverband.
Sollte die EU die Anwendung der bestehenden Abkommen weiterhin verweigern, «sind juristische Massnahmen zu prüfen und einzusetzen», heisst es im Papier. So solle der Bund klagewillige Unternehmen, die sich gegen die Diskriminierung wehren wollen, unterstützen. Und er soll selbst vor dem Europäischen Gerichtshof oder der Welthandelsorganisation klagen, wenn die EU die Schweiz weiterhin diskriminiere.