Ein Kanton nach dem anderen hat in den vergangenen Tagen die Corona-Massnahmen verschärft. Inzwischen gilt in einer Mehrheit der Kantone für Schülerinnen und Schüler nicht erst an Berufsschulen und Gymnasien Maskenpflicht, sondern schon ab der Oberstufe. In einigen Schulen dürfen die Jugendlichen die Maske nicht einmal im Sportunterricht absetzen. Lehrpersonen müssen teilweise bereits ab dem Kindergarten Maske tragen.
Sie drohen mit Anzeigen
An manch einer Schule sorgen die Verschärfungen für mächtig Stunk. Aufgebrachte Eltern wehren sich mit Protestbriefen und Attesten gegen die Maskenpflicht. Auch Bildungsdepartemente bekommen in diesen Tagen dicke Post. Schulleiterinnen und Regierungsräten wird mit Anzeigen gedroht.
Es gibt sogar Maskenverweigerer, die ihre Kinder deswegen nicht mehr zur Schule schicken, wie Anfragen bei kantonalen Bildungsdepartementen zeigen. So teilt der Kanton St. Gallen mit, dass man Kenntnis von Einzelfällen habe, in denen Eltern sich weigern, dass ihr Kind eine Maske trägt, oder es aufgrund der Maskenpflicht sogar zu Hause behalten.
Organisiert via Telegram
Der Widerstand ist teilweise organisiert. Auf dem Messengerdienst Telegram, einem Tummelplatz für Corona-Skeptiker, haben sich in den vergangenen Tagen zahlreiche Gruppen besorgter Eltern gebildet. Darin werden beispielsweise Musterbriefe geteilt, in denen Schulleitungen und Lehrer gewarnt werden, dass sie sich angeblich der Nötigung strafbar machen würden, wenn sie «auf dem Gesichtsverhüllungszwang» bestehen.
Schützenhilfe leistet den Maskenverweigerer-Eltern ein Rechtsanwalt aus Graubünden. Dr. Heinz Raschein hat sich in der Skeptiker-Szene längst einen Namen gemacht. Familien legen ein von ihm unterzeichnetes «Sach- und Rechtsattest» vor, wenn sie ihre Kinder ohne Maske in die Schule schicken.
Anwalt geht juristisch gegen Maskenpflicht vor
Den Kantonen ist das Schreiben bekannt. Man habe die Schulen darauf hingewiesen, dass solche Atteste nicht zu beachten seien, sagt Charles Vincent, Leiter der Dienststelle Volksschulbildung des Kantons Luzern. Auch das Bildungsdepartement des Kantons Aargau teilt auf Anfrage mit, dass man nur medizinische Atteste akzeptiere.
Die Eltern geben ihren Widerstand nicht auf. Im Kanton Zürich hat Raschein eben erst im Namen von 14 Eltern Rekurs gegen das kantonale Schutzkonzept eingereicht.
Kinder geraten zwischen die Fronten
Doch statt den Behörden drohen vielmehr den renitenten Eltern juristische Konsequenzen. Weigern sie sich konsequent, dass ihr Kind eine Maske trägt, stelle das einen Verstoss gegen die elterliche Mitwirkungspflicht dar, stellt das Bildungsdepartement des Kantons St. Gallens auf Anfrage klar. Die Konsequenz: eine Verwarnung oder Busse, in schweren Fällen sogar eine Anzeige. Im Kanton St. Gallen beträgt die Höchstbusse laut Gesetz 1000 Franken, in anderen Kantonen kann es deutlich mehr sein.
Je nach Kanton drohen aber auch unentschuldigte Absenzen, wenn Kinder wegen der Maskenpflicht dem Unterricht fernbleiben. Das teilt beispielsweise der Kanton Luzern mit. Damit kommen Kinder im Streit zwischen Behörden und renitenten Eltern nicht nur zwischen die Fronten, sondern drohen auch noch dafür bestraft zu werden.
«Alternative wäre Schulschliessung»
Dies beunruhigt Thomas Minder, Präsident des Verbands der Schulleiterinnen und Schulleiter. «Ich bin auch nicht begeistert von der Maskenpflicht an den Schulen und sehe gewisse Schwierigkeiten. Auch für die Lehrpersonen ist die Situation nicht einfach», sagt er. Aber es gehe nun einmal derzeit nicht anders. «Die Alternative zu den Masken wäre, dass wir wieder die Schulen schliessen. So weit darf es nicht kommen!»