CO₂-Gesetz nimmt Form an
Nationalrat will keine Privatjet-Abgabe

Nach dem abgestürzten CO₂-Gesetz nimmt der Nationalrat nun einen neuen Anlauf. Dabei gibt er sich handzahm. Die Hintergründe.
Publiziert: 20.12.2023 um 20:18 Uhr
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Aktualisiert: 21.12.2023 um 10:07 Uhr
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Keine neue Abgabe für Privatjets...
Foto: IMAGO/Andreas Haas

Wie soll die Schweiz die Ziele des Pariser Klimaabkommens einhalten? Über diese Frage brütete am Mittwoch der Nationalrat. Etwas mehr als zwei Jahre ist es her, seit die Schweiz in einer Volksabstimmung ein CO2-Gesetz abgelehnt hat, dass Klima-Sünder stärker ans Portemonnaie wollte. Jetzt liegt eine neue, deutliche zahmere Vorlage vor. Die Übersicht.

Keine Abgabe auf Privatjets

Das Parlament will keine Steuern für Privatjets und Businessflieger. Eine Minderheit um Matthias Samuel Jauslin (61, FDP) setzte sich am Mittwoch in diesem Punkt durch. Ein Antrag für eine Privatjet-Abgabe war im Herbst schon im Ständerat gescheitert. 

Die zuständige Kommission hatte eine Abgabe für Privatjets ab 5,7 Tonnen Gewicht vorgeschlagen. Betragen hätte diese zwischen 500 und 3000 Franken pro in der Schweiz abgehenden Flug. FDP, SVP und GLP und einzelne Mitglieder der Mitte-Fraktion stimmten nun aber gegen die Abgabe.

Der Bundesrat hatte bei der Neuauflage des revidierten CO₂-Gesetzes auf neue Abgaben verzichten wollen. An dieses Versprechen erinnerten die Bürgerlichen und auch Umweltminister Albert Rösti (56) mehrfach.

E-Autos sollen Ladestationen bekommen

Anders als der Ständerat will der Nationalrat die Lade-Infrastruktur für E-Autos mit bis zu 20 Millionen Franken pro Jahr fördern. Diese müssen sich in Mehrparteiengebäuden oder auf öffentlichen Parkplätzen befinden.

Kein erneuerbares Benzin im Auto

Importeure von Benzin und Diesel müssen weiterhin einen Teil der CO₂-Emissionen dieser Treibstoffe mit Klimamassnahmen ausgleichen, neu mit einem Maximalsatz von bis zu 90 Prozent. Dafür dürfen die Importeure an den Zapfsäulen wie heute bis zu fünf Rappen pro Liter Diesel oder Benzin verlangen. Soweit sind sich die Räte einig.

Als neues Instrument hinzufügen wollen Ständerat und Bundesrat eine Überführungspflicht für erneuerbare Treibstoffe. Gemäss dem Beschluss des Ständerates soll der Bundesrat den Mindestanteil erneuerbarer Treibstoffe so festlegen, dass die damit verbundenen Kosten nicht mehr als fünf Rappen pro Liter Treibstoff betragen. Das soll für Transparenz bei den Aufpreisen an der Zapfsäule sorgen. Der Nationalrat hingegen lehnte auf Antrag einer Minderheit die Überführungspflicht ab.

120 Franken pro Tonne CO 2

Die CO₂-Abgabe will der Nationalrat wie Bundesrat und Ständerat bei 120 Franken je Tonne belassen. Eine rot-grüne Minderheit hätte eine Erhöhung auf 180 Franken zulassen wollen, mit Rücksicht auf das Gebäudeprogramm. Beide Räte wollen zudem bis zu einem Drittel der Abgabe zweckgebunden einsetzen. Der Bundesrat hingegen hätte bis 2030 49 Prozent der Abgabe binden wollen.

Mehr Reduktionen in der Schweiz

Bei der Verminderung des Treibhausgas-Ausstosses im Inland zeigte sich der Nationalrat hingegen ambitiöser als der Ständerat. Er will, dass die Verminderung der Schweizer Treibhausgas-Emissionen der Schweiz zu 75 Prozent im Inland erfolgt. Der Ständerat hatte kein konkretes und in Zahlen formuliertes Ziel genannt.

Er hatte wie vom Bundesrat beantragt für eine Verminderung der Emissionen «in erster Linie» im Inland beschlossen. Dabei war er von einem Inland-Potenzial von rund zwei Dritteln ausgegangen. FDP und SVP hätten dem Ständerat folgen wollen, unterlagen aber.

Umstrittener Anreiz

Noch nicht einig sind sich die Räte über die Senkung der Emissionsgrenzwerte für Fahrzeuge. Der Nationalrat will Zwischenziele setzen, um eine lineare Senkung von 93,6 Gramm CO₂ pro Kilometer im 2025 bis auf 49,5 Gramm CO₂ pro Kilometer im Jahr 2030 zu erreichen. Der Ständerat hingegen schrieb analog zur EU fest, dass ab 2030 neu zugelassene Personenwagen noch 45 Prozent der Emissionen von 2021 ausstossen dürfen. Für Lastwagen, die mit Strom oder erneuerbaren Treibstoffen fahren, beschloss der Nationalrat eine befristete Teilbefreiung von der Leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe (LSVA). Das soll für Transportfirmen ein Anreiz sein, auf klimafreundliche Fahrzeuge umzusteigen. Der Ständerat strich den entsprechenden Passus.

Wie geht es jetzt weiter?

Nun ist wieder der Ständerat an der Reihe. Dabei drängt die Zeit: Weil das bestehende Gesetz nur bis 2025 gilt, braucht es eine rasche Erneuerung, hiess es im Rat. Auch darum haben sich insbesondere die Linken mit Maximalforderungen zurückgehalten. Nur vereinzelt haben sie das Gesetz leicht verschärft.

Ob der Ständerat den wenigen Verschärfungen zustimmt, dürfte sich im März zeigen. Streitpunkte sind insbesondere die Ziele für die Inland-Kompensation und die Förderung von E-Tankstellen.

Klimaschutz-Organisationen wie der WWF kritisieren das neue Gesetz bereits: «Prädikat ungenügend», heisst es dort. Mit dem Gesetz werde die Treibhausgasbelastung nicht schnell genug sinken und das Ziel, die Emissionen bis 2030 gegenüber 1990 zu halbieren, erscheine «zunehmend unrealistisch». (SDA/bro)

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