Es reize sie, als Bundesrätin Verantwortung zu übernehmen. So beantwortete die Berner Regierungsrätin Evi Allemann (45) in den vergangenen Wochen Anfragen bezüglich einer möglichen Kandidatur. Jetzt, nach den Herbstferien, kommt die SP-Frau aus der Deckung.
Morgen Montag lädt Allemann die Medien zu einem «Point de Presse» in die Rooftop Bar des Volkshauses in der Berner Altstadt. Aller Voraussicht nach wird sie dort die Worte wiederholen, die sie bereits vor rund einem Jahr geäussert hatte, als sie sich um die Nachfolge der zurückgetretenen Simonetta Sommaruga (63) bewarb: «Ich bin parat.»
Evi Allemann wäre die erste Frau, die in die Fussstapfen von SP-Bundesrat Alain Berset treten möchte. Sonst haben sich bislang nur Männer auf den freiwerdenden Regierungsposten beworben: Daniel Jositsch (58), Beat Jans (59), Matthias Aebischer (55), Jon Pult (39) und Roger Nordmann (50). Gut möglich, dass in den nächsten Wochen noch weitere Kandidatinnen und Kandidaten ihren Hut in den Ring werfen werden. SP-Co-Präsident Cédric Wermuth (37) etwa, oder die Berner Nationalrätin Tamara Funiciello (33).
Offenes Rennen
Wer im Dezember das Rennen machen wird, ist derzeit völlig offen. Für den Basler Regierungspräsidenten Beat Jans, der in der Vergangenheit oft als Top-Favorit genannt wurde, ist die Luft dünner geworden, seit er seine Kandidatur bekanntgegeben hatte. Die Bauern wollen ihn nicht. Und auch im Bundeshaus bröckelt dem Vernehmen nach der Rückhalt.
Der einflussreiche Juso-Flügel im Parlament will keinen Bundesrat, «der aus Frührentnern besteht». Nicht undenkbar also, dass die SP-Fraktion Ende November Evi Allemann und Jon Pult aufs Ticket setzen wird, die beide eine Juso-Vergangenheit besitzen. Ein Szenario, das bei der Bundesratswahl für eine Überraschung sorgen könnte: Dass nämlich eine bürgerliche Mehrheit ihre Stimme plötzlich einem Kandidaten geben würde, den die SP gar nicht nominiert hat. Der Zürcher Ständerat Daniel Jositsch betont zwar, dass er nur als offizieller Kandidat antreten werde – aber bis zum Stichtag fliesst noch viel Wasser die Aare hinunter.
Derweil droht den Berner Sozialdemokraten in den nächsten Wochen eine Zerreissprobe: Wem das Vertrauen schenken? Der Stadtbernerin Evi Allemann – oder doch eher dem Stadtberner Matthias Aebischer? Die Wahlen von nächstem Sonntag könnten in dieser Frage etwas Klarheit bringen. Gewinnen, wie prognostiziert, die SP-Männer einen Nationalratssitz zurück, würde die Nomination für Evi Allemann alles andere als zu einem Selbstläufer.