Bundesrat setzt nur auf höhere Mehrwertsteuer
Wie Baume-Schneider mit Lösung für 13. AHV abblitzte

Vier bis fünf Milliarden Franken jährlich kostet die 13. AHV-Rente ab 2026. Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider wollte dafür Lohnbeiträge und Mehrwertsteuer erhöhen. Mit der Kombilösung kam sie im Bundesrat aber nicht durch. Die Hintergründe.
Publiziert: 15.11.2024 um 21:01 Uhr
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Aktualisiert: 15.11.2024 um 21:40 Uhr
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Für die 13. AHV-Rente braucht es zusätzliche Einnahmen.
Foto: Keystone

Auf einen Blick

  • 4 bis 5 Milliarden Franken jährlich kostet die 13. AHV-Rente ab 2026
  • Baume-Schneider wollte dafür Lohnbeiträge und Mehrwertsteuer erhöhen
  • Damit kam sie bei ihren bürgerlichen Gspänli nicht durch
  • Im Ständerat könnte die Mischlösung wieder zum Thema werden
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Ruedi StuderBundeshaus-Redaktor

Die AHV braucht mehr Geld. Allein schon die 13. AHV-Rente kostet ab 2026 4,2 Milliarden Franken zusätzlich pro Jahr – Tendenz steigend. Mitte Oktober verkündete die zuständige Sozialministerin Elisabeth Baume-Schneider (60), dass dafür die Mehrwertsteuer um 0,7 Prozentpunkte steigen soll. Das Geld sollte den AHV-Fonds zumindest bis 2030 mit mindestens 100 Prozent einer jährlichen AHV-Ausgabe im Gleichgewicht behalten.

Bloss: Die reine Mehrwertsteuer-Lösung wurde der SP-Magistratin von der rechten Mehrheit im Bundesrat aufs Auge gedrückt. Das zeigen verwaltungsinterne Dokumente, die Blick gestützt auf das Öffentlichkeitsgesetz vorliegen.

Baume-Schneider für Mischvariante

Baume-Schneider hätte lieber nur die Lohnprozente erhöht, weil dadurch die Besserverdienenden deutlich mehr für die AHV bezahlen als Tieflöhner. Dies als sozialste Variante. In der Vernehmlassungsvorlage vor den Sommerferien hatte sie deshalb eine Finanzierungslösung allein mit zusätzlichen Lohnprozenten ins Spiel gebracht, als weitere Option eine Kombilösung aus höheren Lohnbeiträgen und mehr Mehrwertsteuer.

In der Vernehmlassung war der Widerstand von Bürgerlichen und Wirtschaftsverbänden gegen die Lohnbelastung aber massiv, sodass Baume-Schneider schliesslich doch auf die Mischvariante einschwenkte.

Dabei fasste sie eine Erhöhung von jeweils 0,2 bis 0,3 Prozentpunkten bei Lohnbeiträgen und Mehrwertsteuer ins Auge, wie aus den Unterlagen hervorgeht. Die genauen Werte sollten erst fixiert werden, sobald die AHV-Finanzperspektiven validiert sind – was im September der Fall war. 

Abgeschossen von rechts

Die definitive Entscheidung fällte der Bundesrat im Oktober. Und siehe da: Die Mischvariante schaffte es doch nicht über die Ziellinie. Stattdessen setzte die SVP/FDP-Mehrheit um Finanzministerin Karin Keller-Sutter (60) die Mehrwertsteuer-Variante durch.

Schon im Vorfeld hatte sich auch der Arbeitgeberverband starkgemacht, dass die 13. AHV-Rente nur über die Mehrwertsteuer finanziert wird. Ebenso das Staatssekretariat für Wirtschaft im Departement von SVP-Bundesrat Guy Parmelin (65).

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Am Schluss stellte sich auch noch die Eidgenössische Finanzverwaltung im Departement von Keller-Sutter quer und verlangte ein Szenario für eine ausschliessliche Anhebung der Mehrwertsteuer. Die Idee dahinter: Die Rentnerinnen und Rentner sollen sich dadurch stärker an der Finanzierung beteiligen, die Wirtschaft weniger stark belastet werden.

Eine Variante, die Baume-Schneider gegen den Strich geht. Einerseits, weil die Mehrwertsteuer unsozialer wirkt als Lohnprozente; andererseits, weil sie diese mit Blick auf die Überalterung für spätere Zusatzeinnahmen aufsparen wollte. 

Auf wackligen Beinen

Die vom Bundesrat verabschiedete Lösung steht allerdings auf wackligen Beinen. Es ist unwahrscheinlich, dass der Vorschlag so durchs Parlament kommt. SVP und FDP sperren sich nämlich gegen eine rasche Finanzierungslösung und wollen diese erst mit der nächsten grossen AHV-Reform angehen, die Baume-Schneider spätestens 2026 vorlegen muss. Dann soll auch ein höheres Rentenalter wieder zum Thema werden.

Eine Mitte-Links-Allianz hingegen könnte eine Mischvariante wieder auf den Tisch bringen. Diese hat in der ständerätlichen Sozialkommission durchgesetzt, dass die Verwaltung doch wieder eine gemischte Finanzierungslösung prüfen muss. Mit der Idee im Hinterkopf, dass Lohnbeiträge von der gut dotierten Arbeitslosenversicherung in die AHV umgeschichtet werden könnten, was die Erwerbstätigen somit im Portemonnaie gar nicht spüren würden. 

Dabei fassen die Mitte-Links-Ständeräte auch bereits eine allfällige Finanzierung für bessere Ehepaarrenten ins Auge, die die Mitte mit einer Volksinitiative verlangt. Auch dafür wären jährlich fast vier Milliarden Franken zusätzlich nötig.

Im neuen Jahr wird sich zeigen, ob der Deal gelingt – und Baume-Schneider doch noch die erhoffte Kompromisslösung serviert bekommt.

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