Bundesrat lehnt Lockerungen bei Einbürgerungen ab
Wenn die Nachbarn entscheiden, ob man Schweizer wird

Willkürliche Gemeindeversammlungen oder jahrelange Wartefristen: In Sachen Einbürgerung ist die Schweiz streng. Der Bundesrat will an den aktuellen Regeln allerdings nicht schrauben und erteilt entsprechenden Vorstössen zweier GLP-Nationalrätinnen eine Absage.
Publiziert: 20.05.2022 um 08:33 Uhr
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GLP-Nationalrätin Katja Christ will die Einbürgerungshürden senken.
Foto: Keystone

Zum Beispiel der Deutsche in Neerach ZH: Weil er Krach mit den Nachbarn hatte, weigerte sich die Gemeindeversammlung, ihn einzubürgern. «Zu wenig integriert» befand die Gemeinde Buchs AG auch bei der jungen Türkin Funda Yilmaz, der ebenfalls der Rote Pass versagt worden. Sie hatte den Dorfmetzger nicht nennen können.

Fälle wie diese kommen in der Schweiz immer wieder vor. Weil es keine landesweiten Integrationskriterien gibt, variiert es unter Umständen von Dorf zu Dorf, wer als integriert genug für den Roten Pass gilt – oder eben nicht.

Schweiz ist bei Einbürgerungen besonders streng

Besonders heikel ist der Fall dann, wenn die Stimmberechtigten selbst über ein Einbürgerungsgesuch entscheiden – wie etwa im Fall von Neerach, in dem es die Nachbarn selbst waren, die Nein stimmen konnten. GLP-Nationalrätin Katja Christ (49) will damit Schluss machen. In einem Vorstoss forderte sie die Landesregierung auf, das Gesetz entsprechend abzuändern. So sollen künftig nicht Stimmberechtigte einer Gemeinde darüber entscheiden dürfen, ob jemand eingebürgert wird, sondern ein Parlament, eine Kommission oder ein ähnliches Gremium – Hauptsache, der Prozess laufe so objektiv wie möglich ab.

«Die Schweiz hat aufgrund ihrer strengen Einbürgerungspraxis einer der tiefsten Einbürgerungsquoten in Europa», hält sie fest. Ein Viertel der Bevölkerung könne dadurch nicht mitreden – wodurch auch die direkte Demokratie leide.

Der Bundesrat aber winkt ab: Einbürgerungen seien Sache der Kantone – und diese sollten weiterhin entscheiden können, ob die Gemeindeversammlungen zum Zug kommen. Die aktuelle Lösung «gewährt ein faires Einbürgerungsverfahren», findet die Landesregierung. Schliesslich müsse ein Nein zu einem Gesuch begründet werden und könne an jeweils höherer Instanz angefechtet werden. Der Deutsche in Neerach tat genau das – und bekam letztlich recht.

GLP läuft auf

Christ' Vorstoss ist einer von mehreren aus den Reihen der GLP, die die Lockerungen bei der Schweizer Einbürgerungspraxis fordern. In einem zweiten Vorstoss forderte Christ, die zehn Jahre Mindestaufenthalt zu kürzen, so dass schon nach sieben Jahren ein Einbürgerungsgesuch gestellt werden kann. Parteikollegin Corina Gredig (34) wiederum schlug in ähnlich gelagerten Vorstössen vor, die Zeit, die man in derselben Gemeinde leben muss, zu verkürzen, oder dass kein Einbürgerungstest mehr nötig sein soll, wenn mindestens fünf Jahre lang die obligatorische Schule besucht worden ist.

Die Antwort der Landesregierung ist immer dieselbe: Nein, Nein, Nein. Nur wenige Jahre nach der Totalrevision des Bürgerrechtsgesetzes gebe es keinen Anlass, erneut über die Bücher zu gehen. Als Nächstes wird nun das Parlament über die Vorschläge befinden.

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