Keine Extrawurst für reichen Russen
Parteien wollen «goldene Visa» verbieten

Eigentlich müssen Personen aus Drittstaaten viele Kriterien erfüllen, wenn sie in der Schweiz bleiben wollen. Oder sie sind reich.
Publiziert: 03.04.2022 um 14:59 Uhr
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Aktualisiert: 03.04.2022 um 15:41 Uhr
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Grünen-Präsident Balthasar Glättli.
Foto: keystone-sda.ch
Simon Marti

Gleich mehrere Fraktionen im Bundeshaus drängen auf eine rasche Verschärfung der Sanktionen gegen Moskau. Viele Parlamentarier stören sich etwa an «goldenen Visa», einer Extrawurst für vermögende Ausländer, von der reiche Russen nur zu gern Gebrauch machen. Grüne, SP und GLP wollen deren Vergabe stoppen.

Dass diese Visa für Vermögende überhaupt im Umlauf sind, liegt an einer gewollt nachlässig formulierten Gesetzespassage. Will der Bürger eines Nicht-EU-Staats eine Aufenthaltsbewilligung für die Schweiz erhalten, müssen seine «berufliche und soziale Anpassungsfähigkeit, die Sprachkenntnisse und das Alter eine nachhaltige Integration in den schweizerischen Arbeitsmarkt und das gesellschaftliche Umfeld erwarten lassen». So steht es im Ausländergesetz.

Ausnahme: «Öffentliches Interesse»

Keine Regel ohne Ausnahme – das Geld muss stimmen: Kantone dürfen Nicht-EU-Ausländern eine Aufenthaltsbewilligung erteilen, auch ohne dass sie sich ins «gesellschaftliche Umfeld» integrieren. Voraussetzung ist ein im Gesetz vage umschriebenes «öffentliches Interesse». Und das bedeutet dann oft: Wer mehr oder minder üppig Steuern bezahlt, häufig mittels massgeschneidertem Pauschaldeal mit dem kantonalen Steueramt, darf bleiben.

Laut Recherchen von Tamedia haben schweizweit 368 Personen ein derartiges Engagement getroffen, darunter 85 Russen, die es sich namentlich in den Kantonen Genf, Tessin, Waadt, Obwalden und Zug gemütlich gemacht haben.

Das juristische Schlupfloch soll gestopft werden

Die Nationalrätinnen Céline Widmer von der SP (43, ZH), Corina Gredig (34, ZH) von den Grünliberalen und Grünen-Präsident Balthasar Glättli (50, ZH) wollen das juristische Schlupfloch nun stopfen. Sie beantragen in der Staatspolitischen Kommission die ersatzlose Streichung der Ausnahmeregelung.

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«Die Schweiz ist ein sicherer Hafen für schwerreiche Russen geworden, die sich ihr Aufenthaltsrecht faktisch erkauft haben», sagt Glättli. «Das sind nicht irgendwelche Geschäftsleute. Diese Personen haben oft ausgezeichnete Verbindungen zum Regime. In Russland wird niemand gegen den Willen des Staates reich.» Nun sieht der Grünen-Nationalrat die Gelegenheit gekommen, grundsätzlich vom System der «goldenen Visa» für Superreiche wegzukommen.

Wirtschaftskommission will Taskforce

Parallel dazu dürfte die Wirtschaftskommission (WAK) des Nationalrats den Bund bald auffordern, eine Taskforce einzurichten, die gezielt nach Vermögenswerten russischer Oligarchen sucht. «Wenn der Bundesrat nichts unternimmt, werden wir darauf drängen, dass die WAK eine solche Taskforce verlangt», so Nationalrätin Regula Rytz (60, BE).

Während diese Anträge auf einzelne regimetreue Figuren mit Vermögen zielen, möchte die SP den Handel mit russischen Rohstoffen über die Schweiz komplett verbieten. «Rund 80 Prozent des Gas- und Ölhandels werden über die Schweiz abgewickelt. Entsprechend hat die Schweiz einen enormen Hebel, um die Finanzierung des illegalen Kriegs in der Ukraine zu unterbinden», begründet SP-Nationalrat Fabian Molina (31, ZH) seinen Antrag in der Aussenpolitischen Kommission. Der Plan hat Chancen auf bürgerlichen Support. So sagte FDP-Vizepräsident Andri Silberschmidt (28, ZH) mit Blick auf die aktuellen Sanktionen: «Wenn wir es wirklich ernst meinen, müssen wir den Gashahn zudrehen.»

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