Im Berner Stadttheater ist eine Loge mit sechs Plätzen für die Bundesratsmitglieder, für Noch-Bundeskanzler Walter Thurnherr (60), sowie für ehemalige Bundesratsmitglieder reserviert. So steht es im sogenannten Aide-mémoire, wo die Pflichten und Privilegien für die Bundesratsmitglieder festgehalten werden.
Im selben Dokument ist auch festgehalten, dass sie absolute Immunität geniessen und über einen Diplomatenpass verfügen können.
Keine Zeit oder keine Lust?
Doch nun zeigt sich, dass in der Schweizer Regierung offenbar Kulturmuffel sitzen. Jedenfalls haben sie in der laufenden Legislatur kein einziges Mal die Plätze im Berner Theater beansprucht, wie eine Blick-Anfrage bei der Bundeskanzlei ergab. Man verfüge zwar über keine Statistik, heisst es bei der Bundeskanzlei auf Anfrage. «Den Departementen ist jedoch keine Nutzung durch ihre Vorsteherinnen oder Vorsteher in der letzten Legislatur bekannt», teilt ein Sprecher dem Blick mit.
Über die Gründe des Fernbleibens ist nichts bekannt. Wohl aber ist die Agenda der Bundesrätinnen und Bundesräte auch ohne Theaterbesuch ziemlich voll.
Sitze von anderen beansprucht
Es ist allerdings nicht so, dass die Plätze in der Loge vier Jahre lang aufgrund der abwesenden Bundesräte einfach leer geblieben sind. Das Theater kann die Sitze anderweitig vergeben, wenn die Regierung keinen Anspruch darauf anmeldet.
Nur weil die Landesregierung keine Theatervorstellungen in der Stadt Bern besucht, ist sie jedoch nicht per se wenig kulturinteressiert.
So besuchte Kulturminister Alain Berset (51) erst am vergangenen Wochenende die Street Parade in Zürich. In einem SRF-Interview sagte er, dass er mit seinem Besuch den Anlass würdigen wolle. «Es ist der grösste kulturelle Anlass der Schweiz. Fast eine Million Personen sind hier, die friedlich feiern.» Er möge die Musik dort sehr. «Ich kenne die elektronische Musik – einen Teil mindestens», sagte er weiter.