Auf einen Blick
- Bundesrat will mehr ukrainische Geflüchtete in Arbeit bringen
- Kritik an unrealistischer Ziel-Erwerbsquote von 40 Prozent
- 66'000 Personen mit Status S in der Schweiz
Der Bundesrat will mehr ukrainische Geflüchtete in der Schweiz dazu bringen, eine Arbeit anzunehmen. Das entschied er aufgrund des Berichts der Evaluationsgruppe zum Status S, den er am Freitag zur Kenntnis nahm. Die Gruppe um den ehemaligen Aargauer Regierungsrat Urs Hofmann hatte die damalige Justizministerin Karin Keller-Sutter eingesetzt, um Erfahrungen mit dem Status S rasch auszuwerten und aufzubereiten.
Einfachere Verfahren, damit ukrainische Geflüchtete eine Erwerbsarbeit in der Schweiz annehmen, hatte das Parlament gefordert. Die Räte verlangten, die heutige Bewilligungspflicht fürs Arbeiten durch eine Meldepflicht zu ersetzen.
Zur Teilnahme an Integrationsmassnahmen verpflichtet werden
Für Flüchtlinge mit Status S soll nach den Vorstellungen des Bundesrates zusätzlich eine Meldepflicht bei der öffentlichen Arbeitsvermittlung gelten. Erwerbstätige sollen den Kanton wechseln und zur Teilnahme an Integrationsmassnahmen verpflichtet werden können.
Mehr Planungssicherheit gibt der Bundesrat Erwerbstätigen mit Status S und deren Arbeitgebern: Ab Aufhebung des Status S sollen diese Geflüchteten innerhalb eines Jahres ausreisen müssen.
Der Bundesrat hat das Ziel gesetzt, dass bis Ende Jahr 40 Prozent der Geflüchteten mit Status S eine Arbeit annehmen sollen. Laut dem Bericht sind mittlerweile rund 25 Prozent erwerbstätig. Die Unterschiede zwischen den Kantonen sind indes gross.
Kantonale Behörden kritisieren laut dem Bericht, dass die Ziel-Erwerbsquote von 40 Prozent ohne Absprache mit den Kantonen festgesetzt worden sei. Dies sei unrealistisch. Trotz Integration sei es nicht gelungen, eine genügende Arbeitsmarktfähigkeit zu erreichen. Eine Herausforderung seien die Landessprachen.
Noch bleiben viele Hürden
Die Eidgenössische Migrationskommission (EKM) sieht laut Bericht mehrere Erklärungen für die Schwierigkeiten, einen Job zu finden. Sie nennt Ungewissheit über den weiteren Aufenthalt in der Schweiz, fehlende Informationen zur Arbeitssuche, ungenügende Angebote für die Kinderbetreuung und Hürden bei der Diplomanerkennung.
Die Evaluationsgruppe empfiehlt zudem, eine Harmonisierung der Regelungen für Menschen mit Status S und vorläufiger Aufnahme zu prüfen. Sie nennt drei Varianten, macht aber keine Empfehlung. Das Justiz- und Polizeidepartement muss dem Bundesrat bis Ende Mai 2025 Vorschläge abliefern, wie weiter vorgegangen werden soll.
Die erste im Bericht aufgeführte Variante will Status S und vorläufige Aufnahme beibehalten, aber Regeln angleichen. Der Fall wäre das zum Beispiel für Arbeit, Integration, Familiennachzug und Reisefreiheit.
Die zweite Variante ist ein einheitlicher Schutzstatus für Menschen, die nicht individuell verfolgt werden, aber in ihrem Herkunftsland durch spezifische Umstände bedroht werden. Der Status würde für Gruppen oder einzelne Personen gewährt.
Mehr zum Schutzstatus S
Die dritte Variante ist ein einheitlicher Schutzstatus mit Prüfung der Flüchtlingseigenschaft, in allen Fällen. Wird jemand nicht als Flüchtling anerkannt, wird geprüft, ob die Voraussetzungen für den Schutzstatus gemäss der zweiten Variante erfüllt sind. Dieses Verfahren wendet laut Bericht die EU an.
Ende Juli hielten sich nach Angaben des Staatssekretariats für Migration etwa 66'000 Personen mit dem Status S in der Schweiz auf. In rund 26'000 Fällen wurde der Status S beendet.
Mit dem Schutzstatus S erhalten Betroffene rasch ein Aufenthaltsrecht in der Schweiz und können unter anderem eine Arbeit aufnehmen. Ein ordentliches Asylverfahren müssen sie nicht durchlaufen. Der Bundesrat aktivierte den Status nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine. Derzeit haben nur Geflüchtete aus der Ukraine ein Anrecht darauf.