Auf einen Blick
- 12'700 Ukrainer im wehrpflichtigen Alter haben Schutzstatus S
- SVP-Nationalrat Walter Gartmann will sie zurückschicken
- SP-Nationalrat Fabian Molina warnt vor dieser Idee
Seit über zwei Jahren tobt der russische Angriffskrieg in der Ukraine. Rund 66'000 Ukrainerinnen und Ukrainer geniessen derzeit den Schutzstatus S und sind damit vor einer Rückkehr in das Kriegsland gefeit. Darunter laut dem Staatssekretariat für Migration knapp 12'700 Männer im wehrpflichtigen Alter.
Das stört den St. Galler SVP-Nationalrat Walter Gartmann (55). Er fordert in einem Vorstoss, dass die Wehrpflichtigen in die Ukraine zurückgeschickt werden, damit sie «ihren Beitrag zur Verteidigung der Ukraine leisten können».
Er findet es falsch, dass der Bundesrat den Schutzstatus S auch für wehrpflichtige Ukrainer bis im März 2026 verlängert hat. «Durch die Verlängerung schwächt die Schweiz, wenn auch ungewollt, die ukrainische Armee, denn diese hat grosse Schwierigkeiten, genügend Soldaten für die Verteidigung gegen die Angriffe Russlands zu rekrutieren», sagt er zu Blick.
Er verweist dabei auf die Bestrebungen der Ukraine selbst, die Männer zurückzuholen. Diese hat dieses Jahr ein verschärftes Mobilisierungsgesetz verabschiedet. Dieses verlangt, dass sich alle Wehrpflichtigen zwischen 18 und 60 Jahren bei der Armee registrieren lassen – auch jene im Ausland. Wer 25 Jahre alt ist, kann eingezogen werden. Selbst Präsident Wolodimir Selenski (46) forderte die europäischen Länder dazu auf, männliche Flüchtlinge im Rekrutierungsalter zur Rückkehr in die Ukraine zu bewegen.
Der sichere Tod?
«Es handelt sich um Fahnenflüchtige, die der ukrainischen Armee fehlen», sagt Gartmann. Doch schickt er diese damit nicht schon fast in den sicheren Tod? «Nein», sagt er bestimmt. «Ein Krieg fordert zwar immer Opfer. Die ukrainische Armee benötigt aber nicht nur Soldaten für den Einsatz an der Front, sondern auch viel Personal im Bereich der Sanität, Logistik und Administration.»
Beim Bundesrat dürfte der SVP-Mann auf taube Ohren stossen. So beantwortete der zuständige Asylminister Beat Jans (60) schon früher eine Anfrage von SVP-Nationalrat Pascal Schmid (47, TG) abschlägig. Ob schutzsuchende Personen in der Ukraine Militärdienst leisten müssten, sei für die Gewährung des Schutzstatus «nicht relevant», so Jans. Wie viele der rund 12'700 Ukrainer in der Schweiz, die sich im wehrpflichtigen Alter befinden, in ihrer Heimat effektiv wehrpflichtig sind, kann der Bund nicht sagen.
Auch SP-Nationalrat Fabian Molina (34, ZH) hält nichts vom SVP-Vorstoss. «Männer sind auch Menschen und haben Menschenrechte», sagt er. Leute in ein Kriegsgebiet zurückzuschicken, widerspreche zwingendem Völkerrecht. «Kein europäisches Land schickt Personen in den Ukraine-Krieg zurück. Die Schweiz würde sich international noch mehr isolieren.»