22'000 Ukraine-Flüchtlinge haben sich bisher in der Schweiz registrieren lassen. Das sind fast anderthalb mal so viele Personen, wie im ganzen vergangenen Jahr in der Schweiz ein Asylgesuch gestellt haben. «Wenn der Krieg so weiter geht, müssen wir mit täglich 1000 Leuten auch über zwei, drei Monate hinaus rechnen», sagte David Keller, Leiter des Krisenstabs Asyl beim Staatssekretariat für Migration (SEM) vor den Medien.
Bund, Kantone und Gemeinden stellt das vor riesige Herausforderungen. Um zusätzliche Plätze für Flüchtlinge zu schaffen, musste der Bund zwei Militärturnhallen in Thun BE und Chamblon VD zu Notunterkünften umfunktionieren. «Wir bedauern dies», sagte Keller an der Medienkonferenz zur aktuellen Flüchtlingssituation in der Schweiz am Donnerstag. Doch es gebe derzeit keine Alternative. «Wir brauchen Plätze – schnell!», so Keller.
Behörden pochen auf offizielle Vermittlung
Weitere Turnhallen der Armee und andere Militärunterkünfte würden in den nächsten Tagen dazu kommen. Insgesamt erhofft man sich, so die Kapazität auf Bundesebene von 9000 auf 12000 Plätze zu erhöhen. Die Geflüchteten werden dort untergebracht, bis die Zuteilung auf die Kantone erfolgt ist und sie zu einer Gastfamilie oder in eine andere Unterkunft gehen können. Wegen der Betten-Engpässe müssen Flüchtlinge ausserdem teilweise von einem Bundesasylzentrum zu einem anderen – oder einen alternativen Standort – transferiert werden.
Was die Vermittlung von Flüchtlingen an Gastfamilien betrifft, raten die Fachpersonen von SEM und Kantonen unisono, das über die offiziellen Wege zu tun. Auch wenn es so teilweise etwas dauern kann. Die Flüchtlingshilfe sowie die Kantone und Gemeinden versuchten, möglichst längerfristige Lösungen für die Unterbringung zu finden, betonte Gaby Szöllösy, Generalsekretärin der Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und -direktoren (SODK). Zudem erhielten Gastfamilien und Flüchtlinge so auch Betreuung.
Zivis unterstützen Kantone
Engpässe gibt es aber nicht nur bei den Betten, sondern auch beim Personal. Allein für die Registrierung und Unterbringung der Flüchtlinge brauche das SEM 300 weitere Mitarbeitende, sagte Keller. 130 hätten bereits rekrutiert werden können. Hinzu kommen zahlreiche Bundesbeamte, die von ihrer normalen Arbeit abgezogen wurden, um nun bei der Bewältigung des Flüchtlingsandrangs zu helfen.
Die Kantone können bei der Bewältigung der Notsituation auf die Hilfe von Zivis zählen. Das Bundesamt für Zivildienst hat den Kantonen Unterstützung angeboten. Ein Angebot, das viele Kantone dankbar annehmen würden, sagte SODK-Vertreterin Szöllösy. In etlichen Kantonen stünden bereits Zivildienstleistende im Einsatz, um die Behörden zu entlasten.