«Budget»-Krankenkasse der FDP hat einen schweren Stand
Neue Ideen prallen auf alte Vorbehalte

Die FDP fordert eine «Budget-Variante» als Alternative zur obligatorischen Grundversicherung: Wer sich für Einschränkungen entscheidet, soll weniger Prämien zahlen müssen. Bereits zeichnet sich Widerstand ab – wie so oft.
Publiziert: 10.07.2023 um 09:15 Uhr
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Aktualisiert: 10.07.2023 um 11:18 Uhr
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Prämienschock als Déjà-vu: 2024 wird die Grundversicherung nochmals teurer.
Foto: Keystone
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Daniel BallmerRedaktor Politik

Es ist schon der x-te Anlauf, um die explodierenden Gesundheitskosten endlich in den Griff zu bekommen. Denn schon im Herbst droht der nächste Prämienschock. Die FDP will es nun mit einem Versicherungsmodell «light» versuchen: Generika-Pflicht, höherer Selbstbehalt, obligatorisches E-Patientendossier. Wer sich für Einschränkungen bei der Grundversicherung entscheidet, soll weniger zahlen müssen, berichtet der «SonntagsBlick».

Das bestehende System würde so radikal umgekrempelt. Der Vorschlag widerspreche dem Solidaritätsprinzip im Gesundheitswesen, findet Susanne Gedamke von der Stiftung Patientenorganisation. Heute finanzieren die Gesunden die Kranken mit.

Die FDP zeigt sich dennoch überzeugt von ihrer Budget-Variante als Alternative zur obligatorischen Grundversicherung. Heute würden Versicherte eine Pauschale bezahlen, auch wenn sie nicht alle Leistungen beziehen würden, argumentiert FDP-Nationalrat Andri Silberschmidt (29). Der FDP schwebt daher eine individuelle Auswahl der Leistungen vor.

Kosten sind zu hoch, sparen sollen aber nur die anderen

Das klingt zuerst vernünftig. Die Sache hat aber einen Haken: Für Herr und Frau Schweizer steht eine Verkleinerung des Gesundheitsangebots nicht zur Diskussion. Das zeigt der Ende Juni veröffentlichte Gesundheitsmonitor 2023 des Forschungsinstituts gfs.bern im Auftrag des Branchenverbands Interpharma.

Die Krux an der Sache: Die Befragten verwickeln sich in Widersprüche. Einerseits bereiten die stetig steigenden Prämien immer mehr Kopfzerbrechen. Andererseits bleiben die Ansprüche unverändert hoch. Eine reine Fokussierung auf die Gesundheitskosten, ohne Berücksichtigung von Qualität, lehnt die Stimmbevölkerung ab.

Exemplarisch zeigt sich das bei der Frage, ob bei freier Wahl das Originalmedikament oder Nachahmerprodukte gekauft wird: 57 Prozent ziehen das teurere Original vor. 2015 waren es mit 52 Prozent noch etwas weniger.

Parteien versuchen zu punkten

Es bleibt ein Dilemma. Im neusten SRG-Wahlbarometer stehen die Krankenkassenprämien auf Platz zwei der wichtigsten politischen Herausforderungen, knapp hinter dem Klimawandel. Doch ist die Bevölkerung nicht bereit, bei der eigenen Gesundheit zu sparen, sind mehrheitsfähige Lösungen kaum zu schaffen.

Und doch versuchen die Parteien gerade im Wahljahr, in der Gesundheitspolitik zu punkten. Im Fokus des Parlaments stehen derzeit gleich zwei Volksinitiativen: Die Kostenbremse-Initiative der Mitte will, dass Bund und Kantone eingreifen müssen, wenn die Gesundheitskosten im Vergleich zur Lohnentwicklung zu stark steigen. Nach wie vor aber ringt das Parlament um konkrete Massnahmen.

Ähnlich bei der Prämienentlastungs-Initiative der SP. Sie fordert, dass Versicherte höchstens zehn Prozent des verfügbaren Einkommens für Krankenkassenprämien ausgeben müssen. Erreicht werden soll das mit zusätzlichen Prämienverbilligungen durch Bund und Kantone. Damit aber würden keine Kosten eingespart, sondern einzig mehr Steuergelder ins Gesundheitswesen gepumpt.

Es scheint nur über Symptombekämpfung zu gehen

Konkrete Sparvorschläge hingegen sind im Parlament bisher meist gescheitert. Regelmässig zeigt der Lobbydruck von Ärzteschaft, Pharmakonzernen und Spitälern Wirkung. Sie bekämpfen konsequent alles, was ihre Einnahmen schmälern könnte. Weil auf der Kostenseite nichts geht, scheint als einziges «Rezept» gegen die steigenden Prämien daher tatsächlich nur Symptombekämpfung durch zusätzliche Verbilligungen zu bleiben.

Denn spätestens, wenn die Kantone mehr Geld in die Hand nehmen müssen, sehen sie sich wohl genötigt, den Hebel anzusetzen, wo sie es können: bei der Zulassung von Ärzten oder Spitalüberkapazitäten. Bis dahin aber hat kaum jemand ein Interesse daran, unattraktive Sparmassnahmen durchzuboxen. Gerade in einem Wahljahr.

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