Brisanter Bundesrats-Bericht
China übt Druck auf Uiguren und Tibeter in der Schweiz aus

Der Bundesrat bestätigt erstmals in einem Bericht: Chinesische Repressionen gegen tibetische und uigurische Gemeinschaften in der Schweiz sind erheblich. Laut einer Studie der Universität Basel werden Betroffene unter Druck gesetzt und in ihren Grundrechten behindert.
Publiziert: 13:36 Uhr
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Aktualisiert: 15:43 Uhr
Der Bundesrat bestätigt: China setzt tibetische und uigurische Gemeinschaften in der Schweiz unter Druck.
Foto: AFP
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Joschka SchaffnerRedaktor Politik

Der Bundesrat befindet sich mitten in den Verhandlungen für ein neues Freihandelsabkommen mit China. Die Menschenrechtslage im autoritären Einparteienstaat will er dabei kaum miteinbeziehen. Und auch die Lage der tibetischen und uigurischen Gemeinschaften in der Schweiz kommentierte er bisher nur zögerlich. Nun bestätigt die Landesregierung in einem Bericht aber erstmals: Die chinesischen Repressionen in der Schweiz sind gross.

Zu diesem Schluss kommt die Landesregierung auf Grundlage eines Forschungsberichtes, den die Universität Basel im Auftrag des Bundesamts für Justiz und des Staatssekretariats für Migration erstellt hatte. So würden Personen tibetischer und uigurischer Ethnie von Akteuren der Volksrepublik China mutmasslich unter Druck gesetzt – etwa um ihre eigenen Gemeinschaften auszuspionieren – und zum Teil in der Ausübung ihrer Grundrechte behindert.

Sensibilisierung für alle Behörden

So heisst es im Bericht der Uni Basel auch, dass es Hinweise auf eine systematische Beobachtung politisch aktiver Personen gibt. Genauso gebe es Indizien für Cyberangriffe und die Überwachung von Kommunikationsaktivitäten. Davon seien auch Schweizer Staatsbürgerinnen und -bürger betroffen, die sich in diesem Bereich politisch engagieren.

Um dagegen anzukämpfen, empfiehlt der Bundesrat, eine Reihe von zusätzlichen Massnahmen in den Bereichen Prävention, Koordination und Sensibilisierung zu prüfen. So sollen die Zuständigkeiten geklärt, die Kommunikation zwischen den Akteuren verbessert und die bestehenden Instrumente und Mittel im Umgang mit transnationaler Repression auf ihre Wirksamkeit überprüft werden. Ebenfalls sollen alle Stellen auf Bundes-, Kantons- und Gemeindeebene sensibilisiert werden, damit sie solche Aktivitäten identifizieren und zufriedenstellend darauf reagieren können.

Mit seinem Bericht erfüllt der Bundesrat ein Postulat der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrates. Er hatte sich zudem in der Antwort auf eine Interpellation von Grüne-Nationalrätin Christine Badertscher (43) bereit erklärt, in diesem Bericht auch der Situation von Personen uigurischer Ethnie in der Schweiz Rechnung zu tragen.

Linke und Menschenrechtsorganisation fordern Massnahmen

Die SP und die Schweizer Menschenrechtsorganisation Gemeinschaft für bedrohte Völker (GfbV) reagieren rasch auf den Entscheid des Bundesrates: Nun müssten konkrete Massnahmen her, um die beiden Gemeinschaften zu schützen, schreiben sie. Wie SP-Nationalrat Fabian Molina (34) in einer Mitteilung sagt, müsse die Schweiz nun eine Strategie gegen die transnationale Repression vorlegen. «Sie ist eine Gefahr für die nationale Sicherheit und die Demokratie der Schweiz», sagt Molina.

Auch Anna Leissing (42), Geschäftsleiterin der GfbV, zeigt sich in einer Mitteilung alarmiert. «Die Schweiz muss endlich handeln», teilt Leissing mit. Die betroffenen Gemeinschaften müssten besser geschützt, Fälle systematisch dokumentiert und die Behörden im Umgang mit Betroffenen geschult werden.

Besonders kritisiert die GfbV die wirtschaftliche Annäherung der Schweiz an China. Spätestens seit die Eidgenossenschaft 2014 ein Freihandelsabkommen mit der Volksrepublik abgeschlossen habe, fühlten sich die tibetischen und uigurischen Gemeinschaften von den Schweizer Behörden zunehmend im Stich gelassen, schreibt die Organisation. Vergangenes Jahr, im Vorfeld der Neuverhandlungen durch Wirtschaftsminister Guy Parmelin (65), drohte die GfbV bereits mit dem Referendum gegen ein neues Abkommen.

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