Brisante Pläne beim Bund – nationale Lösung «begrüssenswert»
Kommt jetzt die Chip-Pflicht für Katzen?

Der Bund hat brisante Pläne: Er trifft derzeit Abklärungen für eine Chip-Pflicht für Katzen. Während sich der Schweizer Tierschutz freut, dürfte es Widerstand aus Bauernkreisen geben.
Publiziert: 13.12.2024 um 00:03 Uhr
|
Aktualisiert: 13.12.2024 um 10:02 Uhr
1/7
Der Bund trifft derzeit Abklärungen für eine nationale Chip-Pflicht für Katzen.
Foto: Keystone

Auf einen Blick

  • Bund hat Pläne für schweizweite Chip-Pflicht für Katzen
  • Chip-Pflicht soll Tierwohl fördern und Überpopulation eindämmen
  • Tierschutz begrüsst das Vorhaben, bei Bauern dürfte das für Unmut sorgen
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
RMS_Portrait_AUTOR_586.JPG
Céline ZahnoRedaktorin Politik

Das Büsi ist das beliebteste Haustier der Schweiz. Fast zwei Millionen Katzen leben in der Schweiz. Sie vermehren sich auch schnell. Schätzungsweise gibt es in der Schweiz bis zu 300'000 streunende Tiere – und es werden immer mehr. 

So ganz genau kennt man die Zahlen allerdings nicht. Im Unterschied zu Hunden gibt es in der Schweiz nämlich keine Registrierungspflicht für Katzen. Heisst: Die Besitzer müssen ihre Tiere nicht chippen. 

Nun will der Bund den Büsi allerdings ans Fell. Es gibt Pläne für eine schweizweite Chip-Pflicht, wie Blick aus Veterinärkreisen erfahren hat. Das Bundesamt für Veterinärwesen (BLV) bestätigt auf Anfrage: Eine nationale Lösung erachte man als «begrüssenswert». Man treffe derzeit Abklärungen zum Thema und tausche sich mit den kantonalen Veterinärdiensten aus. 

Für Tierwohl und Jagdopfer

Viele der verwilderten Katzen leben im Elend. Jedes Jahr sterben Tausende von ihnen jämmerlich, weil sich niemand um sie kümmert.

Von einer Chip-Pflicht verspricht sich der Bund gleich mehrere Vorteile. Erstens sei es gut für das Tierwohl. Durch die Registrierung würden Halterinnen und Halter verstärkt in die Verantwortung genommen. So könnten Büsi-Besitzer etwa gezielter für die Kastration sensibilisiert werden. Damit kann die Chip-Pflicht auch ein Hebel gegen die Überpopulation sein. Das Bundesamt habe auch eine Studie zur unkontrollierten Katzenpopulation in Auftrag gegeben, die demnächst veröffentlicht werde.

Nicht nur die Katzen leiden aber an ihrer eigenen unkontrollierten Vermehrung. Opfer sind auch Millionen Vögel, Reptilien und Insekten, die Katzen jedes Jahr töten. Das Bundesamt will sich hier nicht zu weit auf die Äste herauslassen – die Chips seien eine potenzielle Grundlage für Studien zur Auswirkung auf die Biodiversität, heisst es lediglich. Klar ist aber: Auch die Opfer des Blutbads, das Katzen jedes Jahr verursachen, würden von einer Eindämmung der Population profitieren. 

Tierschutz freut sich

Jürg Keller-Friskovec (55) ist Vizepräsident des Helvetischen Katzenverbands, der etwa Katzenzüchter vertritt. Er steht der Chip-Pflicht positiv gegenüber: «Bei unserem Verband ist der Chip schon heute Pflicht. Wenn jemand einen Stammbaum für ein Jungtier beantragt, muss er dem Züchter dafür die Chipnummern mitliefern.»

Auch der Schweizer Tierschutz (STS) befürwortet die Regelung. Katzen würden oft leichtfertig angeschafft, da sie als einfach zu halten gelten und billig seien. Tauchten dann trotzdem Probleme auf, würden die Tiere vernachlässigt oder sich selbst überlassen. Bisher hätten den Besitzern keine Konsequenzen gedroht – mit einer Chip-Pflicht könnten sie zurückverfolgt werden. 

Widerstand aus Bauernkreisen

Begeisterung dürfte es aber nicht von allen Seiten geben. Man schätze, dass in der Schweiz lediglich ein Drittel aller Katzen registriert seien, so der Schweizer Tierschutz. Für viele Katzenhalter bedeutet eine Chip-Pflicht also Mehraufwand und Kosten. Der Preis für einen Chip und die Registrierung ist je nach Tierarzt unterschiedlich, er beläuft sich in der Regel auf rund 80 Franken.

Gerade in Bauernkreisen dürfte ein solches Gesetz für Unmut sorgen, sagt Martin Haab (62), SVP-Nationalrat und Präsident des Zürcher Bauernverbands. Seine eigenen Büsi sind zwar kastriert, aber nicht gechippt. «Für einen Bauern mit vier oder fünf Katzen bedeutet das viel Aufwand.» Wenn jemand freiwillig einen Chip wolle, sei das zwar gut. «Eine Pflicht schiesst aber übers Ziel hinaus.»

Auf Höfen gibt es besonders viele herrenlose Katzen. «Bei uns tauchen auch immer wieder Katzen auf, von denen ich nicht weiss, wem sie gehören. Es kann nicht sein, dass ich dann im Extremfall für sie verantwortlich bin, nur weil sie sich auf meinem Land befinden.»

Ausserdem drohe durch die Pflicht ein administrativer Moloch. «Wie das vollzogen werden soll, ist mir unklar», so Haab. Auch wenn jede Gemeinde einen Katzenverantwortlichen bestimme, hätten ganz viele Tiere schlicht keinen Besitzer.

Auch Keller-Friskovec sagt: «Schon heute ist es für den Tierschutz schwierig, Schwarzzüchter zu kontrollieren, die Katzen unter der Hand verkaufen.» Wenn dazu auch noch private Katzenhalter und -halterinnen kontrolliert werden sollen, bedeute das nochmals einen enormen Mehraufwand.

Meinungswechsel beim Bund

Das Thema Katze ist in der Schweizer Politik ein heisses Eisen. Immer wieder kamen Forderungen aufs Parkett mit dem Ziel, die Population zu vermindern. Sei es mit einer Chip-Pflicht, einer Kastrationspflicht oder mit extremeren Forderungen, wie einem Büsi-Stopp, also einem Import- und Zuchtverbot. 

Mit der Chip-Pflicht ist es zuletzt auch auf kantonaler Ebene vorwärtsgegangen. Das Aargauer Parlament hat sich kürzlich dafür ausgesprochen. Auch im Baselbiet muss die Registrierungspflicht auf Auftrag des kantonalen Parlaments geprüft werden.

Der Bund hatte sich bisher stets gegen solche Gesetze gestellt. Vor vier Jahren hiess es vonseiten des Bundesrats noch, eine Verpflichtung aller Katzenhalterinnen und -halter, ihre Tiere zu registrieren, sei übertrieben. Nun kam es offenbar zum Meinungswechsel. Ab wann das Gesetz zur Chip-Pflicht vorgelegt wird, ist noch nicht klar. Das Bundesamt für Veterinärwesen kann dazu derzeit keine Aussage treffen.

Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?