Die Volksinitiative zur «Wahrung der schweizerischen Neutralität (Neutralitätsinitiative)» verlangt, die immerwährende und bewaffnete Neutralität in der Verfassung zu verankern.
Das Begehren habe unerwartet viel Zuspruch erhalten, schrieb die Gruppierung Pro Schweiz am Donnerstag. Das sei ein starkes Signal dafür, dass die Neutralität in der Aussen-, Innen- und Sicherheitspolitik zentral bleiben müsse.
Laut Initiativtext darf die Schweiz keinem Militär- oder Verteidigungsbündnis beitreten. Neu wird eine Zusammenarbeit mit solchen Bündnissen zugelassen, wenn die Schweiz direkt angegriffen wird. Sanktionen darf die Schweiz weder anordnen noch mittragen - es sei denn, sie ist gegenüber der Uno dazu verpflichtet.
Keine Russland-Sanktionen übernehmen
Sanktionen der EU, wie sie nach dem Angriff auf die Ukraine gegen Russland ergriffen worden sind, dürfte die Schweiz nach einem Ja zur Initiative nicht mehr übernehmen. Sie dürfte aber verhindern, dass von anderen Staaten verhängte Sanktionen nicht umgangen werden.
Zudem verpflichtet die Neutralitätsinitiative die Schweiz, ihre Guten Dienste anzubieten. Sie muss ihre immerwährende Neutralität nutzen, um Konflikte zu verhindern und zu lösen und als Vermittlerin zur Verfügung zu stehen.
Die Mehrheit des Bundesrates habe kurz nach dem Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine «kopflos und neutralitätswidrig» die EU-Sanktionen gegen Russland übernommen, schreibt Pro Schweiz. Lanciert worden war die Initiative im November 2022, einige Monate nach dem russischen Angriff auf die Ukraine.
Viele Unterschriften aus der Westschweiz
Zuspruch erfuhr die Initiative durch die in den Worten des Komitees «mit Hochdruck vorangetriebene Annäherung an die Nato» durch Verteidigungsministerin Viola Amherd. Viele Parteien und eine Bundesrätin wollten die Neutralität aufweichen und verwässern, sagte der ehemalige Solothurner SVP-Nationalrat Walter Wobmann beim Einreichen der Unterschriften.
Viele Unterschriften kamen aus der Westschweiz. Genf zeige, dass die Menschen an traditionellen Werten wie Friedensdiplomatie und humanitäre Hilfe festhalten wollten, schrieb das Komitee. Die Stadt sei Sitz des IKRK und vieler Uno-Organisationen und biete auf neutralem Boden eine Plattform für die humanitäre Tradition.
Kritik der Grünen
Vor der Lancierung hatte sich der ehemalige SVP-Bundesrat Christoph Blocher für die Neutralitätsinitiative starkgemacht. Mit der Übernahme der Russland-Sanktionen sei die Schweiz zur Kriegspartei geworden, sagte Blocher vor der Übergabe der Unterschriften.
Er sprach von einer verantwortungslosen Aufweichung des Neutralitätsprinzips. Die Initiative wolle die Neutralität umfassend in der Verfassung verankern, indem sie ein Verbot von nichtmilitärischen Zwangsmassnahmen einschliesse. Im Initiativkomitee sitzt Blocher allerdings nicht.
Diesem gehört unter anderem Stephan Rietiker an, der Präsident der Bewegung Pro Schweiz. Zum Komitee gehören auch SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi (ZG), SVP-Nationalrat Pierre-André Page (FR) sowie die früheren SVP-Nationalräte Walter Wobmann (SO) - als Präsident - und Hans-Ueli Vogt (ZH).
Pro Schweiz war kurz vor der Einreichung der Initiative gegründet worden, im Beisein von Blocher. In dem neuen Verein gingen neben der Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz (Auns), die Organisation «Nein zum schleichenden EU-Beitritt» und die «Unternehmer-Vereinigung gegen den EU-Beitritt» auf.
Kritik kam von den Grünen. Die Initiative nütze Diktatoren und Kriegsverbrechern und schade der Sicherheit, indem sie die Schweiz isoliere. Die Sicherheit des neutralen Kleinstaates fusse auf einer stabilen internationalen Ordnung und auf guten Beziehungen zu ihren Partnern. «Beides wird mit dieser Initiative torpediert.» (SDA)