Was lässt sich gegen die Wohnungsknappheit tun? Zu dieser Frage hat der zuständige Bundesrat Guy Parmelin (64) am Dienstag zu einem Runden Tisch eingeladen und einen Aktionsplan vorgestellt. Vorgeschlagen werden 35 unterschiedliche Massnahmen, um gegen die prekäre Situation am Wohnungsmarkt vorzugehen. So empfiehlt das Papier, dass einfache und günstige Bauprojekte gefördert werden sollen, um die Wohnkosten tiefer zu halten.
Weiter möchte Parmelin, dass Bewilligungsstellen gestärkt werden, damit Baugenehmigungen schneller erteilt werden. Ausserdem sollen Kantone und Gemeinden künftig ihre Erfahrungen mit der Wohnungsnot aufgrund von vielen Airbnb-Vermietungen untereinander austauschen, empfiehlt der Aktionsplan.
Städte sind enttäuscht
Doch diese Massnahmen gehen vielen zu wenig weit. So sagte etwa Corinne Mauch (63), die Zürcher Stadtpräsidentin und Vizepräsidentin des Schweizerischen Städteverbands, dass es im Papier an effektiven Massnahmen fehle, die wirklich vermehrt günstigen Wohnungsraum schaffen würden. Sie hätte sich eine Empfehlung für ein Vorkaufsrecht für Städte gewünscht. Diese hätten zum Verkauf stehende Liegenschaften gerne gekauft, um mehr städtischen Wohnraum anbieten zu können.
Ausgesprochen hat sich Mauch auch für eine Formularpflicht, damit Mietende erfahren hätten, was Vormieter bezahlt haben. Doch diese Wünsche erhielten offenbar keine Mehrheit am runden Tisch.
Auch Eva Herzog (62), Basler SP-Ständerätin und Präsidentin des Verbands Wohnbaugenossenschaften Schweiz ist vom vorgestellten Plan «weitgehend enttäuscht».
Massnahmen, die nichts kosten
Im Mai 2023 hatte Parmelin angesichts der sich zuspitzenden Wohnungsnot einen ersten Runden Tisch einberufen und im Anschluss einen Aktionsplan Wohnungsknappheit erarbeiten lassen. In einem ersten Entwurf hatte der Aktionsplan noch eine Reihe von konkreten Vorschlägen enthalten, um genügend preisgünstigen und bedarfsgerechten Wohnraum sicherzustellen.
«Die nun präsentierte Endfassung ist jedoch nicht viel mehr als eine Zusammenfassung dessen, was man auf den Ebenen Bund, Kantone und Gemeinden machen könnte», heisst es beim er Verband der gemeinnützigen Wohnbauträger. Mögliche Massnahmen würden aufgelistet, aber höchstens zur weiteren Prüfung und Analyse empfohlen. «Wenn der Aktionsplan nur Massnahmen vorschlägt, die nichts kosten und denen auch die renditeorientierte Immobilienbranche zustimmen kann, dann wird er die Probleme im Wohnungsmarkt nicht lösen», wird Urs Hauser, Präsident des Verbandes, in einer entsprechenden Medienmitteilung zitiert. (sie)
Kantone können schneller Wohnraum schaffen
Die vorgeschlagenen Massnahmen würden frühstens in mehreren Jahren merkbar Verbesserungen bringen, ob man nicht schneller handeln müsse, fragt eine Journalistin. «Da wo es geht, soll es schneller gehen», etwa in den Kantonen, sagt Parmelin. Auch in den Gemeinden gebe es die Kompetenz, schneller vorwärts zu machen. «Wenn man ein Bundesgesetz ändern will, dann dauert das Jahre», sagt Jean-François Steiert. Es gebe aber Beispiele, wie man Wohnraumbauen könne, ohne dass es grosse Gesetzesänderung brauche. Etwa, wenn man auf Sportplätzen Wohnungen baue, so Steiert.
Fragerunde beginnt - Parmelin fühlte auch Frustration am Tisch
Nun dürfen die anwesenden Journalisten Fragen stellen. Das neue Dokument empfiehlt in Tourismusgebieten eine Austausch-Plattform zur Vermittlung von Wohnungsraum für die lokale Bevölkerung. Ob man mit diesem Vorschlag nicht die Probleme der Bevölkerung nicht ganz ernst nehme, fragt ein Journalist. Der zuständige Bundesrat Guy Parmelin erklärt, dass das ein komplexes und schwieriges Thema sei. Man könne mit dem Aktionsplan auch keine Wunder für die ganze Schweiz versprechen. Aber je nach Region habe man unterschiedliche Lösungsmöglichkeiten. Es gebe eine gewisse Frustration, die er nach den Gesprächen am runden Tisch festgestellt habe.
Es braucht keine Formularpflicht in allen Kantonen.
Oliver Feller, FDP-Nationalrat und Generalsekretär Fédération romande immobilière ist weniger kritisch als seine Vorrednerinnen. Aber auch er macht darauf aufmerksam, dass es Handlungsbedarf gebe. Im Aktionsplan gebe es Massnahmen, die er begrüsse. Dass es keine Formularpflicht in allen Kantonen gebe, begrüsse er.
Enttäuscht über Empfehlungen
Eva Herzog, Basler SP-Ständerätin und Präsidentin des Verbands Wohnbaugenossenschaften Schweiz, ist vom vorgestellten Plan auch «weitgehend enttäuscht», wie sie vor den Medien sagt. Es würden vor allem Prüfung von Massnahmen vorgeschlagen, das gehe ihr zu wenig weit, denn es gebe Handlungsbedarf. Dennoch würden die Wohnbaugenossenschaften ihren Beitrag zur Schaffung von günstigem Wohnungsraum leisten, so Herzog.
Anliegen der Städter zu wenig beachtet
Es fehle dem Plan an nötigen Massnahmen, die preisgünstigen Wohnraum schaffen, sagt Corinne Mauch. Sie hätte sich künftig eine Empfehlung für ein Vorkaufsrecht für Städte gewünscht. Genauso eine Formularpflicht, die Transparenz bei den Vormieten vorschreibt: Diese Massnahmen seien im Aktionsplan zurückgestuft worden, bemängelt die Zürcher Stadtpräsidentin. Das sei unverständlich. Die Städte erwarten ein stärkeres Engagement für ihrer Anliegen, sagt Mauch.
«Einzelne verhindern mit Einsprüchen Bauprojekte»
Jean-François Steiert, Vizepräsident der Schweizerischen Bau-, Planungs- und Umweltdirektoren-Konferenz (BPUK) übernimmt das Wort. Er sagt, die Kantone würden es begrüssen, dass man nun eine Toolbox habe, wo man die Elemente herauspicken können. Es gebe darin verschiedene Lösungsansätze, aber keine «Wunderansätze». Wegen einer wachsenden Bevölkerung komme man nicht darum herum, vermehrt verdichtet zu bauen. Es sei nicht verhältnismässig, dass Einzelne mit Einsprüchen heute Bauprojekte jahrelang verhindert könnten. Das bremse beim Bau von günstigen Wohnungen. Diese Rechte sollen teilweise eingeschränkt werden können.
Drei Themenbereiche definiert
Es gehe um drei Themenbereiche: Verdichtung, Verfahren beschleunigen, oder preisgünstigen Wohnraum, sagt Guy Parmelin. Gemeinnütziger Wohnungsbau soll gefördert werden, ein Mindestanteil von preisgünstigem Wohnraum solle geprüft werden. Ebenso seien Massnahmen in Tourismusregionen vorgesehen.
Jetzt werden 30 Massnahmen vorgestellt
Wie Nahrung, Arbeit oder Bildung ist auch Wohnen ein Grundbedürfnis. Eine ausreichende Wohnraumversorgung trägt entscheidend dazu bei, dieses Grundbedürfnis zu erfüllen, heisst es im neuen Papier von Wirtschaftsminister Guy Parmelin. Die Wohnraumversorgung sei aber auch für die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung des Landes von grosser Bedeutung. Man habe sich nun zum zweiten runden Tisch getroffen, um mehr Wohnungsraum zu beschaffen.
In der Schweiz sollen darum mehr Wohnungen gebaut werden, vor allem preisgünstige. Das ist das Ziel eines Aktionsplans, den Vertreter von Bund, Kantonen und Gemeinden zusammen erarbeitet haben. Über 30 Massnahmen habe man ergriffen, um den Wohnbau zu fördern.
Pressekonferenz beginnt um 15 Uhr
Mit einem Aktionsplan gegen Wohnungsknappheit will der zuständige Bundesrat Guy Parmelin gegen den ausgetrockneten Wohnungsmarkt vorgehen. Was für Massnahmen der Schweizer Wirtschaftsminister ins Auge gefasst hat, will er ab 15 Uhr an einer extra einberufenen Medienkonferenz in Bern informieren.