Die grosse Wohnungsnot in den Zentren lässt einige Personen bei der Suche nach einem neuen Daheim richtig kreativ werden. In ein paar Fällen schiessen Wohnungsinteressenten aber weit übers Ziel hinaus. Blick hat sich bei Immobilienverwaltungen umgehört.
«Bei uns geben sich rund 10 Prozent der Bewerber richtig viel Mühe und stellen ein schönes Bewerbungsdossier zusammen», sagt Markus Nussbaum (49), Geschäftsführer von Seitzmeir Immobilien. Die Firma verwaltet zahlreiche Liegenschaften in der Stadt Zürich und Umgebung. Bei besonders preiswerten und damit begehrten Objekten versuchen es Interessenten auch mal mit einer süssen Bestechung: «In ganz seltenen Fällen legt jemand der Bewerbung eine Schachtel Pralinen oder eine Tafel Schokolade bei», sagt Nussbaum.
Bei der Auswahl des künftigen Mieters spielt der Magen jedoch keine Rolle. «Unsere interne Richtlinie gibt ganz klar vor, dass man Geschenke nicht annehmen darf», sagt er.
Fotos und Familienbesuche
In Basel ist die Wohnungssuche für Betroffene noch deutlich weniger nervenaufreibend. Bei besonders attraktiven – also preiswerten – Objekten ist das Interesse aber ebenfalls sehr gross, wie Fabian Halmer (40) erzählt. Er ist Mitglied der Geschäftsleitung von Holinger Moll Immobilien und hat ebenfalls schon erlebt, wie Bewerber die Verwaltung bezirzen wollen. «Bei sehr begehrten Wohnungen schauen die Leute auch schonmal mit der ganzen Familie im Büro vorbei und legen dem Begleitschreiben noch Fotos bei. Man versucht, auf der emotionalen Ebene zu punkten», sagt er.
Bestechungsversuche habe er hingegen noch nie erlebt. «Das fände ich auch überaus heikel und die Mitarbeiter dürften das auch nicht annehmen», so Halmer.
Bei Steve Hess liegen derzeit über 400 Wohnungsbewerbungen auf dem Tisch. «Von den Dossiers sind etwa 3 von 100 kreativ und enthalten ein Motivationsschreiben und Foto», sagt der Geschäftsführer von Anker Immobilien in Zürich. Das kann sich lohnen. «Damit steigen die Chancen um das Zehnfache. Es ist wie bei einer Jobbewerbung. Da will man sich doch so gut wie möglich präsentieren», sagt er.
Bewerber bieten für die Wohnung Geld
Hess erlebt aber auch immer mal wieder Situationen, bei denen er nur den Kopf schütteln kann. «Einige bieten mir beispielsweise eiskalt Geld an. Ein Interessent, der Vater eines Studenten, wollte mich tatsächlich mit zwei bis drei Monatsmieten bestechen. Als ob wir uns das leisten könnten, bestechlich zu sein», sagt er.
Dann gebe es noch die harmloseren Fälle, in denen jemand eine Flasche Wein oder eine Packung Pralinen mitbringe. «Das lehne ich jeweils dankend ab», sagt Hess. Erst jüngst hätte eine junge Frau das Nein jedoch nicht akzeptiert. «Als ich am nächsten Tag im Büro ankam, hatte sie die gleiche Packung Pralinen bereits abgegeben.»
Andere Bewerber würden ihm ihre traurigen Schicksale aufdrängen. «Bei unserer letzten grossen Besichtigung haben mir sicher zehn Leute gesagt, dass sie ohne die Wohnung in einer Woche auf der Strasse stehen», so Hess. Oft sei diese Situation jedoch selbstverschuldet. Die Leute wüssten bereits seit zwei, drei Jahren, dass sie ihre Wohnung verlassen müssten.