Nun ist ihnen der Geduldsfaden gerissen. Immer wieder hatten die Aussenpolitiker den Bundesrat aufgefordert, sie über die Sondierungsgespräche mit Brüssel zu informieren. Darüber, was die Schweizer Chefunterhändlerin Livia Leu derzeit mit Vertretern der EU-Kommission bespricht. Doch davon wollte der Bundesrat nichts wissen. Die aussenpolitischen Kommissionen beider Räte erfuhren weder, was die Regierung erreichen will – noch wurden sie über den Verlauf der Gespräche informiert.
Als Reaktion darauf hat die aussenpolitische Kommission des Nationalrats dem Bundesrat diese Woche einen geharnischten Brief geschickt. Darin beschuldigt sie das Gremium des Gesetzesbruchs. Es sei das «parlamentarische Recht» der Kommission, die Ziele des Bundesrats zu kennen, heisst es in dem Schreiben, das SonntagsBlick vorliegt. Doch bisher habe die Regierung die Kommission nicht zu seinem Beschluss in der Europapolitik konsultiert.
Niemand weiss, wies weiterging
Tatsächlich hatte der Bundesrat bereits im Februar entschieden, einen neuen Anlauf für Verhandlungen mit der EU zu nehmen. Dies, nachdem er im Mai 2021 den Verhandlungstisch überraschend verlassen hatte. Wie es seit Februar in diesem wichtigen Dossier weiterging, weiss im Parlament niemand – im Juni schrieb der Bundesrat in einer Medienmitteilung lediglich, die Sondierungen mit der EU «intensivieren» zu wollen.
Mit dem Brief wollen die Politiker den Bundesrat nun dazu bringen, aus erster Hand Informationen über den Verlauf der Gespräche zu liefern – und sich, natürlich, auch inhaltlich zum Beschluss äussern, neue Verhandlungen mit der EU aufzunehmen.