Bundesrätin Sommaruga: Jahrelang diskutieren hilft nicht!
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Nach Kritik an CO₂-Gesetz:Bundesrätin Sommaruga: Jahrelang diskutieren hilft nicht

Ausgerechnet Ökoparteien und Genossen verhindern Ausbau der Wasserkraft
Linke und Grüne torpedieren die Energiewende

Das sorgt selbst in den eigenen Reihen für Kopfschütteln: Ausgerechnet Linke und Grüne wehren sich regelmässig gegen Ökostrom-Projekte. Damit untergraben sie den Kampf der Schweiz gegen den Klimawandel.
Publiziert: 22.11.2021 um 00:29 Uhr
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Aktualisiert: 22.11.2021 um 09:00 Uhr
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Gegner aus dem links-grünen Lager haben den Ausbau der Staumauer am Grimsel auf Jahre hinaus verzögert.
Foto: Keystone
Daniel Ballmer

Links-Grün wehrt sich gegen den Zubau von Wasserkraft: Im Patronatskomitee des Umweltverbands Aqua Viva, der den Ausbau des Grimselstausees bekämpft, sitzen gleich mehrere Bundesparlamentarier von SP, Grünen und Grünliberalen. Das Projekt ist auf Jahre hinaus blockiert – und damit gleichzeitig auch ein zweites Stauseeprojekt im Triftgebiet im Berner Oberland, über das kürzlich auch die «Rundschau» von SRF berichtet hatte.

Ausgerechnet die selbst ernannten Klimaschützer bekämpfen Ökostrom – einmalige Naturlandschaften sollen nicht der Stromproduktion geopfert werden, finden sie. Dabei ist die Schweiz unbedingt auf den Ausbau von erneuerbarer Energieproduktion angewiesen, um ihren Teil zur Bekämpfung der weltweiten Klimakrise zu leisten.

Der Schweiz droht ein Blackout

Im schlimmsten Fall könnte unserem Land im Winter 2025 zudem für einige Tage der Strom ausgehen, weil wir während der kälteren Jahreszeit zu wenig Strom produzieren und unsere Nachbarländer diesen zunehmend selbst benötigen.

Darum tut für die Schweiz gerade der Ausbau der Winterstrom-Produktion Not. Das Trift-Projekt der Kraftwerke Oberhasli würde genau solchen Winterstrom liefern – erneuerbar und CO2-frei. Doch bei der Wasserkraft werden Ausbau- und Neubauprojekte hierzulande immer wieder von Einsprachen verzögert.

Der Widerspruch ist offensichtlich: Die Grünen beklagen die ungenügenden Ergebnisse des Uno-Klimagipfels im schottischen Glasgow und werfen dem Bundesrat Versagen im Kampf gegen die Klimakrise vor. Und nach dem Scheitern des CO2-Gesetzes kündigen SP und Grüne medienwirksam eine Initiative für die Schaffung eines Klimafonds an. Aber wenn es um handfeste Projekte zum Ausbau der ökologischen Stromproduktion geht, bekämpfen dieselben Kreise gleichzeitig diese Energieprojekte.

«Unehrliche Klimapropaganda regt mich auf!»

SVP-Nationalrat Mike Egger (29) wirft Links-Grün Doppelzüngigkeit vor. «Die unehrliche Klimapropaganda von Links-Grün regt mich auf!», poltert der Energiepolitiker. Ständig würden sie eine ökologische Wende predigen, «stehen dann aber konkreten Lösungen im Weg und bekämpfen sogar aktiv den Zubau von sauberem Strom».

Auch in den eigenen Reihen stösst es auf Unverständnis, dass sich Parlamentarier der Grünen, der Grünliberalen und aus der SP gegen den Ausbau der Wasserkraft wehren. «Natürlich ist das ein Widerspruch», sagt der frühere GLP-Präsident und Nationalrat Martin Bäumle (57) vorsichtig. Die Grünliberalen hätten eigentlich eine klare Haltung: Im Kampf gegen die Klimakrise seien Kompromisse nötig, bei denen man eben auch gewisse Eingriffe in die Landschaft in Kauf nehmen müsse.

«Ich habe schon etwas Mühe mit radikalen Forderungen solcher, die AKW lieber heute als morgen abstellen wollen, sich gleichzeitig aber auch gegen erneuerbare Energieprojekte wehren», so Bäumle. In der Umwelt- und Energiekommission des Nationalrats sei das ein Dauerthema. Auch parteiintern gebe es vereinzelt Differenzen. Aus seiner Partei sitzt Fraktionschefin Tiana Angelina Moser (42) im Aqua-Viva-Patronatskomitee.

Auch innerhalb der SP sprechen Einzelne von «Widersprüchen bei der Stromerzeugung». Es gelte zwischen Klima und Landschaftsschutz abzuwägen. «Da machen es sich manche etwas einfach.»

Wie SP-Fraktionschef Roger Nordmann (48) vertritt auch Parteikollege Eric Nussbaumer (61) die Haltung, dass bei der Solarenergie noch viel mehr Potenzial bestehe – das aber auch noch lange nicht ausgeschöpft wird: «Wir haben da einen grossen Rückstand auf unsere Nachbarländer.» Die Energiewende bleibe anspruchsvoll. Da sollten wichtige Energieträger wie die Wasserkraft nicht verhindert werden.

Das sehen SP-Nationalrätinnen wie Claudia Friedl (61) und Ursula Schneider Schüttel (59), aber auch SP-Ständerat Paul Rechsteiner (69) offenbar anders. Wie die Grünliberale Moser sitzen auch sie im Patronatskomitee.

«Angesichts der drohenden Stromlücke ist jedes Terawatt wichtig»

Auffällig ist vor allem, dass sich zahlreiche Parlamentarier der Grünen gegen die Wasserkraft wehren. So etwa wichtige Parteiexponenten wie die frühere Co-Präsidentin Adèle Thorens Goumaz (49) und der einstige Parteivize und Nationalrat Bastien Girod (40). Aber auch die vormalige Nationalrätin Franziska Teuscher (63), die heute in der Berner Stadtregierung ist, gehört zum 16-köpfigen Patronatskomitee, das mit insgesamt sieben Grünen-Politikern bestückt ist.

Statt der Vertreter der Ökoparteien wird ausgerechnet der SVPler Mike Egger deutlich: «Angesichts der drohenden Stromlücke ist jedes Terawatt wichtig.» Die Wirtschaft sei sehr besorgt. Die inländische Stromproduktion sei dringend zu sichern.

Und er betont, dass beim Solarstrom nach wie vor ein Speicherproblem besteht, obwohl es dafür Technologien gebe. «Auch deshalb wollen wir bei der umweltfreundlichen Wasserkraft jeden Tropfen rauspressen.» Für Egger ist deshalb klar: «Wenn ausgerechnet die Klimaschützer Projekte verzögern und verhindern, wird es natürlich schwierig mit der sauberen und eigenständigen Energieversorgung.»

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