Wer nicht Nein sagt, wird zum Organspender: Die Organspende-Initiative ist umstritten. Sie will in der Schweiz die Widerspruchslösung einführen. Das heisst: Man müsste der Organspende nicht mehr wie heute explizit zustimmen – sondern sich zu Lebzeiten ausdrücklich dagegen aussprechen, wenn man das nicht will.
Der Bundesrat hat einen indirekten Gegenvorschlag zur Initiative formuliert. Doch der steht unter Beschuss. «Der bundesrätliche Vorschlag ist nicht mehrheitsfähig und hat gravierende Konstruktionsfehler», kritisiert Conrad Engler, der bis zu seiner Pensionierung vergangenes Jahr Politik-Chef des Spitalverbands H+ war. Er hat deshalb eine Allianz gegründet, welche sich dafür einsetzt, dass das Parlament den Vorschlag des Bundesrats über den Haufen wirft – und einen neuen Gegenvorschlag ausarbeitet. Das berichtet die «NZZ am Sonntag».
Auch der Bundesrats-Kompromiss ist umstritten
Für Kritik am Bundesrats-Vorschlag sorgt, dass auch er eine Widerspruchslösung vorsieht, wenn auch eine erweiterte. Es soll ganz klar geregelt sein, dass es nicht automatisch zur Organspende kommt, sondern die Angehörigen auch zukünftig mitreden können. Hat jemand seinen Willen nicht festgehalten, soll die Familie noch ein Veto einlegen können.
Vielen Gegnern der Initiative geht auch dieser Kompromiss-Vorschlag noch zu weit. CVP und SVP lehnen ihn ab, ebenso die Bischofskonferenz und die evangelisch-reformierte Kirche. Ex H+-Lobbyist Engler befürchtet, dass der Gegenvorschlag so nicht durchs Parlament kommen und die Initiative am Schluss allein zur Abstimmung kommen wird. Wenn sie abgelehnt würde, hätte man dann gar nichts erreicht. Für die Befürworter wäre dies das «Worst Case»-Szenario.
Erklärungsregelung als ultimative Lösung?
Die Allianz bringt nun einen Vorschlag ins Spiel, für den sich schon die nationale Ethik-Kommission starkgemacht hat, den der Bundesrat aber ignorierte: die Erklärungsregelung. Sie ist ein Mittelweg zwischen Zustimmungs- und Widerspruchslösung. Nicht nur wer gegen eine Organspende ist, sondern jeder Erwachsene soll künftig seinen Willen festhalten. In einem Register wird festgehalten, ob er der Organspende zustimmt, sie ablehnt oder ob er den Entscheid an eine Vertrauensperson delegieren will.
Ärzte sollen die Menschen über das Register informieren. Nur wenn dann nichts im Organspenderegister vermerkt wäre, dürften die Organe entnommen werden. Bereits heute gibt es ein Organspenderegister, in dem man festhalten kann, ob man dafür oder dagegen ist. Es wird heute allerdings nur von wenigen genutzt.
Parlament berät über Vorschlag
«Mit der Erklärungsregelung der Organspende-Allianz bauen wir eine ethische und politische Brücke zwischen dem Zustimmungs- und Widerspruchslager», sagt Engler. Er ist überzeugt, dass ihr Vorschlag die Bedingungen der Initianten erfüllt, damit diese ihre Initiative zugunsten des Gegenvorschlags zurückziehen.
Ob das tatsächlich der Fall ist, wird das Initiativkomitee laut «NZZ am Sonntag» kommende Woche diskutieren. Auch das Parlament beschäftigt sich schon sehr bald mit dem Vorschlag der Organspende-Allianz. Die Gesundheitskommission des Nationalrats führt am 14. Januar eine Anhörung durch.