Der Rapperswiler Chris Reutemann (51) ist den Tränen nahe. Voller Freude erzählt er, was an diesem Tag kurz vor Weihnachten passierte. Das Schweizer Fernsehen zeigte an jenem 19. Dezember um 20 Uhr den letzten Teil der vierteiligen Reihe «Organspende – Ich will leben».
Zuvor war der ehemalige IT-Manager mit Blaulicht ins Zürcher Universitätsspital gefahren worden. Dort wartete er auf einen grossen Eingriff. Denn aus England war endlich eine Spenderlunge eingetroffen. Etwas verspätet zwar, aber jetzt war sie da.
Fast ein Jahr hatte Reutemann auf diesen Moment gewartet. «Aber dass es zu diesem Zeitpunkt passierte, war schon ein wahnsinniger Zufall», sagt er. Seit zehn Jahren litt Reutemann an der schweren Lungenkrankheit COPD. Am Schluss war jeder Schritt eine Qual. Rund um die Uhr brauchte er Sauerstoff. Schon der Gang zum Briefkasten war eine Tortur. «Ich war wütend auf mein Schicksal, aber ich habe gemerkt, dass es nichts bringt. Man muss versuchen, vorwärts zu schauen, positiv zu denken», erinnert er sich.
Froh, dass er sich nicht für Exit entschied
«Der Chirurg trat zu mir ans Bett und fragte mich, ob ich mir die Folge noch anschauen wolle. Es bleibe noch Zeit.» Er selber werde sich noch ein wenig hinlegen, um sich für die lange Operation auszuruhen, sagte ihm der Arzt. Vielleicht schaue er sich die Doku auch noch an. Reutemann aufgewühlt: «Ich war tief bewegt, als ich mich so sterbenskrank am TV sah.» Kaum war die Sendung fertig, wurde er zur Vorbereitung in den Operationssaal gebracht.
Der passionierte Musiker erinnert sich, wie er Stunden später aus der Narkose erwachte. «Das Atmen fiel mir plötzlich so viel leichter», sagt er strahlend. «Es war wie ein Wunder.» Wenige Wochen nach dem Eingriff fühle er sich schon viel besser. «Ich denke oft an die Person, die mir ihre Lunge spendete. Es muss ein guter Mensch gewesen sein, sonst würde ich mich nicht gut fühlen.» Das Transplantations-Team habe einen super Job gemacht. «Ich bin froh, dass ich mich nicht für Exit entschieden habe. Es wäre ein Fehler gewesen, trotz aller Zweifel und Kämpfe.»
Der erste Schritt ist geschafft
Wann und in welcher Form er künftig wieder arbeiten könne, wisse er noch nicht, es sei es noch ein weiter Weg bis dahin. «Der erste Schritt ist geschafft, ich habe die Operation überlebt. Nun muss ich zuerst einmal die kritische Phase nach der Transplantation überstehen. Ich arbeite an meinem Körper, um wieder zu Kräften zu kommen. Ideen sind da, aber ich warte voller Demut. Ein Schritt nach dem anderen», sagt er.