Alles, was derzeit aus seinem Mund kommt, landet auf der Goldwaage: «Ich spüre auch heute diesen Kriegsrausch in gewissen Kreisen», sagte Bundespräsident Alain Berset (50) im Interview mit der «NZZ am Sonntag» – was im In- und Ausland Kritik auslöste. Und in der SP-Fraktion mehrheitlich auf Ablehnung stiess.
Gegenüber dem «Tages-Anzeiger» erklärte der SP-Bundesrat, «die Reaktionen haben mir gezeigt, dass das nicht die richtige Wortwahl war». Auf die Frage, wer denn mit «gewissen Kreisen» gemeint sei, schob Berset nach: «Ich spreche von einem Klima der reinen Kriegslogik, das mich beunruhigt. Meine Absicht war nie, bestimmte Personen oder Staaten zu kritisieren.»
Berset suchte Interview
Alles bloss ein verbaler Ausrutscher? Von wegen! Schon vor einer Woche hatte Berset in einem Interview mit «Le Temps» von «Kriegsrausch» gesprochen – und klargemacht, dass er auch die politische Debatte in der Schweiz meint.
Zudem berichten mehrere Quellen gegenüber Blick, die Kommunikationsleute des Innendepartements (EDI) hätten gezielt in der Deutschschweiz nach einem Medium gesucht, in dem Berset die «Kriegsrausch»-Aussage wiederholen konnte. Bei der «NZZ am Sonntag» wurde man fündig.
Das EDI widerspricht dieser Darstellung nicht. Es sagt lediglich: «Der Bundespräsident gibt immer wieder verschiedenen Medien Interviews – in der Deutschschweiz wie in der Romandie.»
«Ist eine Ausrede»
Für Mitte-Fraktionschef Philipp Matthias Bregy (44) ist das nicht verwunderlich: «Mich erstaunt es nicht, dass Herr Berset das Interview mit der ‹Kriegsrausch›-Aussage gezielt platzierte. Schliesslich geschieht bei Bundesräten und ihrem Stab kaum je etwas zufällig.»
Für den Nationalrat ändern auch Bersets Erklärungen nichts: «Das war nicht zufriedenstellend: Entweder anerkennt Bundespräsident Berset, dass er einen Fehler gemacht hat. Dann hätte er sich entschuldigen müssen. Oder aber, er steht zu seinen Aussagen. Punkt!», so Bregy. «Zu sagen, es sei vielleicht die falsche Wortwahl gewesen respektive falsch verstanden worden, ist eine Ausrede.»