«Bersets Aussage könnte Hinweis auf baldigen Rücktritt sein»
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Blick-Politik-Chefin Faki:«Bersets Aussage könnte Hinweis auf baldigen Rücktritt sein»

Analyse zur «Kriegsrausch»-Aussage von Bundespräsident Alain Berset
Neutralität diskutieren statt Andersdenkende beschimpfen

Bundespräsident Alain Berset hat mit seinen Aussagen zum Ukraine-Krieg das Ansehen der Schweiz beschädigt. Das liegt an Berset selbst. Aber auch daran, dass das Land sich neu finden muss. Mit Beschimpfungen kommt niemand weiter.
Publiziert: 14.03.2023 um 21:17 Uhr
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Aktualisiert: 15.03.2023 um 15:35 Uhr
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Alain Berset hat mit seinen Aussagen zum Ukrainekrieg schockiert.
Foto: Keystone
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Sermîn FakiPolitikchefin

Einmal mehr sorgt Alain Berset (50) für Schlagzeilen. Mit seinen Aussagen zum Krieg in der Ukraine hat sich der Bundespräsident ins politische Abseits gespielt. Was man nur schon daran sieht, dass er Applaus von unerwarteter Seite erhält: «Bravo, Alain Berset!», twitterte SVP-Nationalrat Roger Köppel (57) am Dienstag, für viele einer der grössten Putin-Versteher in der Schweiz. Der Rest des Landes ist konsterniert, das Ausland vor den Kopf gestossen. Moskau hingegen dürfte sich ins Fäustchen lachen.

Im Berset-Umfeld versteht man die Welt nicht mehr. Man gebe doch nur die Haltung des Bundesrats wieder, sage gar nichts Neues, verteidigt man den SP-Magistraten. Dass nicht bewusst war, welche Wirkung Worte wie «Kriegsrausch» haben, spricht Bände – insbesondere wenn sie vom höchsten Regierungsvertreter kommen.

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Ansonsten Teflon-Rhetoriker

Umso mehr, wenn dieser Alain Berset heisst, an dessen Teflon-Rhetorik sich schon Legionen von Journalisten die Zähne ausgebissen haben. Er legt jedes Wort auf die Goldwaage, richtet seinen politischen Kompass immer danach aus, niemandem auf die Füsse zu treten.

Noch nie wurde auf der linken Seite der Wandelhalle so schlecht über Berset geredet wie jetzt. Und auch bei den Bürgerlichen fällt – ausser bei seinen neuen Freunden in der SVP – kein gutes Wort über den Freiburger.

Die Schweiz wird infrage gestellt

Doch es geht um mehr als um einen Bundespräsidenten im Abseits. Dass Bersets Aussagen so hohe Wellen schlagen, ist auch Ausdruck davon, dass der Krieg in der Ukraine das Selbstverständnis der Schweiz infrage stellt.

Die Neutralität gehört zur DNA unseres Landes wie direkte Demokratie und Kantönligeist. Nur ist Neutralität in Friedenszeiten eben billig zu haben. Jetzt schmerzt sie, und kostet – Ansehen, Partner, Selbstbewusstsein und, wie die Rüstungsindustrie hinzufügen würde, wohl auch einmal Arbeitsplätze.

Kein Verständnis mehr aus dem Ausland

Den Druck aus dem Ausland spürt vor allem Verteidigungsministerin Viola Amherd (60). Bei jedem Treffen mit ausländischen Amtskollegen wird sie auf die Weigerung der Schweiz, Waffenlieferungen zuzulassen, angesprochen. Das neue Dogma der alten Freunde lautet: Der Westen – und dazu gehört die Ukraine – kann nur gemeinsam verteidigt werden. Wer sich dem entzieht, verdient es nicht, selbst verteidigt zu werden.

Die neutrale Schweiz kann nicht mehr auf Verständnis hoffen. Vielleicht ändert sich das eines Tages wieder, wenn es neutralen Boden braucht, um einen Konflikt beizulegen.

Die Gretchenfragen bleiben

Die Gretchenfragen aber bleiben: Schweiz, wie hast du es mit der Neutralität? Willst du sie noch? Und wenn ja, welche denn?

Berset hat die Haltung der Bundesratsmehrheit mehr als nur klargemacht. Die Mehrheit des Parlaments sieht es diametral anders. Das bildet recht gut ab, was die Menschen im Land denken: Eine Umfrage des SonntagsBlicks zeigte vor einem Monat ein Patt: 41 Prozent fanden wie Berset, dass sich die Schweiz auf jeden Fall strikt neutral verhalten soll, 41 Prozent forderten wie Amherd mehr Engagement zugunsten der Ukraine. 18 Prozent unterstützten den Schlingerkurs, auf dem sich das Land seit knapp 13 Monaten bewegt.

Schweiz, es ist Zeit zu reden statt andere des Kriegsrauschs zu bezichtigen.

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