BLICK: Claude Longchamp, lässt das knappe Resultat für die Jets darauf schliessen, dass die Armee an Rückhalt verliert?
Claude Longchamp: Nein, die Armee als solche wird mehrheitlich nicht bestritten. Umstritten ist aber immer, wenn die Armee grosse Dinge kaufen möchte und dabei viel Geld ausgegeben wird. Vor allem, wenn alle wissen, dass der Schweiz durch die Corona-Krise eine Verschuldung droht. Die Armee hat die Berechtigung erhalten, Jets zu kaufen. Aber sie hat sicher einen grossen Schock erlebt. Sie steht einer höchst sensiblen Öffentlichkeit gegenüber – politisch, medial –, welche doch sehr kritisch reagiert. Wie sich die Armee in Zukunft entwickeln wird, muss sie sich nun bestimmt überlegen. Aber das wurde nicht gestern entschieden.
Die GFS-Umfrage zeigte Anfang September noch 56 Prozent Zustimmung an. Was ist da passiert?
Man darf nicht vergessen: Da lagen 19 Tage dazwischen. In diesen Tagen fand die Session statt, der Bundesplatz wurde besetzt, was die politische Elite in der Schweiz besonders emotional aufgewühlt hat. Und dann war die Mobilisierung der Gegner wirklich gut. Das konnte man vor drei Wochen nicht voraussehen. Denn diese Mobilisierung ist erst nach der Umfrage entstanden – und sie hat vor allem in den Städten die linke Opposition gestärkt. Das war der Schlüssel zur grossen Differenz.
Viola Amherd hat also nicht den Ausschlag gegeben?
Ich glaube, dass Frauen insgesamt skeptisch bleiben. Bei so einem knappen Ausgang ist meine Erfahrung – und das werden die Umfragen zeigen –, dass die Mehrheit der Frauen abgelehnt und die Mehrheit der Männer zugestimmt hat. Es waren also klar die Männer, die den Ausschlag gegeben haben.
Jetzt steht schon die Forderung im Raum, dass der Jet nicht allzu teuer werden darf. Wird der Druck aufs Militär, einen günstigen Jet auszuwählen, nun steigen?
Der Preis wird zunächst einmal vom Konzept abhängen. Will man eine Luftverteidigung im Ernstfall? Dann braucht es etwa das, was man jetzt entschieden hat. Wenn man aber vor allem einen Polizeidienst möchte, würden weniger und günstigere Flugzeuge reichen. Der Preis ist von dieser Frage abhängig. Im Moment sehe ich aber nicht, dass es eine andere Entscheidung geben wird. Ansonsten wird sich vor allem die Frage stellen: Haben die Kampfjets wirklich Platz im Armeebudget? Das war ja das Hauptversprechen der Befürworter. Letzte Woche wurden im Parlament bereits Nachtragskredite besprochen. Man ist sich bereits nicht mehr so sicher, ob diese wirklich reichen. Ich glaube, dadurch wird die Sensibilität der Gegner noch steigen.
Alle Ergebnisse der Eidgenössischen Abstimmungen vom 27. September gibt es hier.