Schaffhausen ist ein vergleichsweise kleiner Kanton. Entsprechend ist Schaffhausen auch ein vergleichsweise kleiner Aktionär des Energiekonzerns Axpo. Doch am 18. August entscheiden die Schaffhauserinnen und Schaffhauser über dessen Zukunft – und könnten so auch grosse Kantone wie Zürich und Aargau düpieren.
Die Axpo – die sich in Besitz von neun Kantonen befindet – soll einen neuen Vertrag bekommen. Acht der neun Eigner-Kantone haben ihn bereits abgesegnet, nur das Ja von Schaffhausen fehlt noch. Dort hat ein überparteiliches Komitee das Referendum gegen den neuen Axpo-Vertrag ergriffen. Am 18. August wird abgestimmt.
Privatisierung befürchtet
Matthias Frick von der Schaffhauser SP kritisiert, dass mit den neuen Regeln private Investoren in den Energieversorger investieren können – auch ausländische. «Die Axpo ist mit ihren Kraftwerken und dem Stromnetz zentral für die Sicherheit der Schweiz. Also muss sie die öffentliche Hand vollständig kontrollieren können.»
Tatsächlich sieht der neue Vertrag vor, dass die Kantone nach einer fünfjährigen Wartefrist ihre Anteile verkaufen dürfen. Eine Mindestbeteiligung von 51 Prozent bleibt aber. Das überzeugt Frick nicht. «Auch diese Mindestbeteiligung können fünf Vertragspartner eigenmächtig aushebeln», sagt der ehemalige Kantonsrat, der die Vorlage lange Zeit in den Kommissionen vorbereitet hat. «Wenn private Investoren einsteigen, riskieren wir ein Blackout und bezahlen mehr für den Strom», fürchtet er. «Das Ziel dieses neuen Vertrages ist, die Axpo im internationalen Geschäft zu stärken, nicht die Stromversorgung in der Schweiz.»
Kanton und Axpo winken ab
Der Kanton widerspricht. Ein Ausverkauf der Axpo sei nicht möglich. «Die Mehrheit der Aktien bleibt in allen Fällen in schweizerischer öffentlicher Hand.» Dass die Mindestbeteiligung aufgehoben werde, «scheint aufgrund der in den Eigner-Kantonen geführten Diskussionen und aus heutiger Sicht unrealistisch».
Die Axpo selbst verweist auf ihre Besitzerkantone. Der über 100 Jahre alte Vertrag müsse modernisiert werden. «Ein Teil seiner Bestimmungen kann im teilweise geöffneten Markt und unter den geltenden gesetzlichen Vorgaben gar nicht mehr umgesetzt werden.»
Stephan Kuhn ist der Schaffhauser Vertreter im Axpo-Verwaltungsrat. Er sieht im Referendum auch Taktik, weil am gleichen Tag in Schaffhausen Wahlen stattfinden, wie er zu den «Schaffhauser Nachrichten» sagt. Aktuell sei ein Verkauf der Anteile kein Thema – und selbst dann müsste zuerst der Kantonsrat entscheiden, auch ein Referendum sei möglich. Die anderen Kantone hätten zudem ein Vorkaufsrecht.
«Wir müssen stärker erneuerbare Energien zubauen, dazu braucht es riesige Investitionen», sagt Kuhn gegenüber der Zeitung. Private Investoren seien flexibler als die öffentliche Hand.
Linker Support aus dem Aargau
Die Schaffhauser Kritiker erhalten derweil Unterstützung aus anderen Eigner-Kantonen. «Wenn Aktien von systemkritischen Unternehmen in ausländische Hände geraten, schwächen wir die demokratische Kontrolle über unsere Energieversorgung», sagt die Aargauer SP-Nationalrätin Gabriela Suter (51). Für sie ist klar: «Investoren wollen Geld verdienen. Ihre Renditen bezahlen am Schluss wir alle mit höheren Energiepreisen.»
Neben dem Referendum hofft Suter aber auf eine nationale Lösung. In einem Vorstoss wollte SP-Nationalrätin Jacqueline Badran (62) erreichen, dass grosse Kraftwerke, Strom- und Gasnetze nicht an Personen im Ausland verkauft werden können. War der Nationalrat noch dafür, stellt sich der Ständerat dagegen.
GLP-Bäumle: «Schwarzmalerei»
Für den Zürcher GLP-Nationalrat Martin Bäumle – der als Verwaltungsrat der Zürcher EKZ den Axpo-Vertrag gut kennt – sind die Befürchtungen der Schaffhauser Linken «Schwarzmalerei». «Selbst wenn ein Kanton seine Anteile verkaufen möchte, muss er sie zuerst den anderen anbieten. Nur wenn diese sie nicht wollen, kommen sie auf den freien Markt.» Auch dann sei nicht gesagt, dass automatisch ein ausländischer Investor zum Zug komme. «Die Anteile könnten interessant sein für Schweizer Investoren, zum Beispiel Pensionskassen.»
Bäumle sieht in der Öffnung für ausländische Investoren auch Chancen. Badrans Vorschlag hat er im Parlament abgelehnt. «Besser wäre eine gezielte Investitionskontrolle. Also dass beispielsweise die Wettbewerbskommission überprüft, ob die kritische Infrastruktur betroffen ist und solche Übernahmen dann verhindern könnte.»
Lehnen die Schaffhauser Mitte August die Vorlage ab, wären acht Jahre Verhandlungen vergebens. Die Arbeit würde wieder von vorn beginnen – und sämtliche Kantone müssten einer Neuauflage des Vertrags erneut zustimmen.