In der Schweiz dürfen weiterhin keine neuen AKW gebaut werden. Die FDP blitzte am Donnerstag mit einem entsprechenden Antrag deutlich ab. Die Freisinnigen hatten verlangt, dass das AKW-Verbot aus dem Energiegesetz gestrichen wird – nur sechs Jahre, nachdem das Stimmvolk den Atomausstieg beschlossen hatte.
Auch für neue AKW brauche es in jedem Falle eine Volksabstimmung, sagte Fraktionssprecher Matthias Samuel Jauslin (61). Darum könne man dem Antrag zustimmen. Man hoffe ausserdem, dass dann auch mehr Forschung möglich sei. Doch im Parlament fand die FDP kein Gehör. Während sich die Linke gegen neue AKW stellte, sagte Mitte-Nationalrätin Priska Wismer-Felder (53), die FDP werfe sämtliche staatspolitischen Hemmungen über Bord und biedere sich bei der SVP an. Man müsse die Frage in einem demokratisch legitimierten Prozess diskutierten.
Auch SVP-Energieminister Albert Rösti (56) lehnte den Antrag ab. Man sei sich zwar einig, dass bestehenden Kernkraftwerke länger laufen müssten. Aber: «Verlangen wir nicht von uns allen, dass wir hier bereits den Energiemix für 2040 definieren.»
Schnell neue Energie
Rösti geht es wohl nicht um ein grundsätzliches AKW-Nein. Er wollte mit der Änderung des Energiegesetzes in erster Linie den Bau von erneuerbaren Energien wie Wind-, Wasser oder Solarkraft beschleunigen. Heute kann es bis zu 20 Jahre dauern, bis eine Anlage bewilligt ist – viel zu lange, so der Tenor. Ein Referendum, das es mit einem Ja zu AKW sicher gegeben hätte, käme da äusserst ungelegen, würde es doch für eine weitere Verzögerung sorgen.
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So blieben auch andere Vorschläge auf der Strecke. So wollten FDP und SVP das Verbandsbeschwerderecht einschränken. Nur noch grosse Verbände mit über 50'000 Mitgliedern oder drei kleinere Verbände zusammen sollten Beschwerden gegen neue Solar- Wind- oder Wasserkraftanlagen einreichen dürfen. Einen «Frontalangriff» nannte das SP-Nationalrätin Martina Munz (67). Sie ist Präsidentin von Viva Aqua, einer kleinen Umweltorganisation, die direkt betroffen wäre. Mit Erfolg: Hauchdünn fand die Verschärfung keine Mehrheit – die Beschleunigung bei der Energieproduktion kann ungebremst weitergehen.
AKW-Diskussion wird kommen
Die Diskussion über die Energieversorgung wird auch mit dem neuen Erlass – der aber erstmal in den Ständerat muss – weitergehen. Und auch wenn sich die atomkritische Schweizerische Energiestiftung über eine erneute Niederlage für die rechtsbürgerliche Atomlobby freute, dürfte die Diskussion um neue Kernkraftwerke erst richtig losgehen.
2024 wird wohl die «Blackout-Initiative» von SVP- und FDP-Politikern eingereicht. Die Initiantinnen und Initianten wollen in der Verfassung unter anderem verankern, dass alle klimaschonenden Arten der Stromerzeugung zulässig seien. Damit wäre auch der Bau von neuen AKW wieder möglich.
Darauf muss der Bundesrat um Energieminister Rösti reagieren. Möglich scheint gar ein Gegenvorschlag. Dann geht die Diskussion erst richtig los: Die FDP tritt in der neuen Legislatur deutlich Atomkraft-freundlicher auf. Zusammen mit der SVP, die neue Kernkraftwerke befürwortet, reicht es noch nicht für eine Mehrheit im Parlament – doch mit einigen Abweichlern aus den anderen Parteien wird es spannend.