Von oben nach unten und unten nach oben – die Jasskarten sollen neu gemischt werden, und das gendergerecht. Den Ansporn für ein Update des Schweizer Kulturguts gab die siebenjährige Tochter einer Zeichnungslehrerin namens Anja aus Bern, wie Blick berichtete.
So sei der Schülerin aufgefallen, dass die Königinnen fehlen. Sie stellte infrage, weshalb das Kartonstück mit dem Mann mehr Wert habe, als das mit der Frau.
Zu den Damen gesellen sich die Herren
Die Antwort auf ihre Fragen lieferte ihre Mutter, die auf dem iPad begann, die französischen Jasskarten neu zu designen. Zwei Monate ihrer Zeit widmete sie der figürlichen Weiterentwicklung. Nun gesellen sich zu den Königen die Königinnen, zu den Damen die Herren. Dabei haben die Illustrationen alle ursprünglichen Züge beibehalten.
Um «Jass* für alle» in grosser Auflage herstellen zu können, eröffnete sie ein Projekt auf der Crowdfunding-Plattform Wemakeit. Das ursprüngliche Ziel von 4900 Franken erreichte sie innert kürzester Zeit, die geplanten 600 Stücke werden zeitnah gedruckt. Bis zum Zusatzziel von 7750 Franken und somit einer höheren Auflage braucht es aber auch nicht mehr viel.
Für Blick nimmt die «Jasskönigin der Nation» Monika Fasnacht (59) das gendergerechte Kartenset unter die Lupe. Von 1997 bis 2010 moderierte sie die beliebte SRF-Sendung «Donnschtig-Jass», von 1999 bis 2017 den «Samschtig-Jass». Noch heute organisiert die ausgebildete Hundetrainerin Jass-Ferien.
Monika Fasnacht sind die Zahlen zu klein
Zu den neuen Motiven auf den Jasskarten meint sie: «Sind mit sehr viel Liebe gemacht und nah am Original.» Das ist für Fasnacht wichtig – sie hält die Tradition hoch. Betreffend Redesign der Jasskarten gab es schon verschiedene Projekte, «alle sind sie gescheitert», so die einstige SRF-Moderatorin.
Darf man überhaupt kreativ sein, wenn es um Neugestaltung der Jasskarten geht? «Eigentlich gar nicht», so Fasnacht, die ergänzt: «Diese finde ich jedoch ok.»
Jedoch gibt es ein grosses Aber: «Was gar nicht geht, sind die kleinen Zahlen, die sind schon länger out und werden nicht gekauft», sagt Fasnacht. Und: Sie hätte die Deutschschweizer Jasskarten vorgezogen. «Die werden hier öfter gebraucht», sagt die leidenschaftliche Jasserin, die das Spiel täglich kurz am Handy spielt.
Das meinen weitere Schweizer Jass-Profis
Der amtierende Schweizer Schieber-Jasskönig Walter Steiner (60), der die 6. Meisterschaft von Swisslos und Blick gewann, meint zu den Gender-Jasskarten: «Ich halte es für ein interessantes Projekt. An Tradition halte ich fest, bin aber auch offen für Neues», sagt er. Und er ergänzt: «Es gab schon etliche Versuche, die Karten neu zu gestalten. Aber bei vielen alteingesessenen Jassgruppen kamen die nicht gut an.
«Donnschtig-Jass»-Schiedsrichterin und Schwingerkönigin Sonia Kälin (38) sagt zu den gendergerechten Karten: «Das finde ich eine schöne Idee. Als ehemalige Sportlerin würde ich mir aber natürlich auch Gleichberechtigung in anderen Bereichen wünschen». Dass es immer wieder neue Jass-Ideen gibt, findet sie schön, «grössere Veränderungen würde mich persönlich vermutlich eher ablenken.»
Salzgeber hat nichts gegen die Königin, die den Buben aussticht
Seit 2019 moderiert Rainer Maria Salzgeber (53) den «Donnschtig-Jass». Er ist mit den klassischen Karten aufgewachsen «und finde es gut, dass gesellschaftliche Entwicklungen sich auch beim Jassen niederschlagen und kann sehr gut damit leben, wenn die Königin den Buben absticht», sagt er. Jassen sei ein traditionelles Spiel, das wohl so modern ist wie noch sie, meint Salzgeber. «Diese Mischung macht es aus. Ich habe das Gefühl, dass immer mehr junge Leute den Draht zu diesem wundervollen Spiel finden. Wenn neues, innovatives Design dazu führt, dass sich noch mehr für das Spiel interessieren, umso besser. Das traditionelle Element scheint mir auch ein wichtiges Erfolgsrezept zu sein.»
Ob bei den beiden beliebten Jass-Sendungen des Schweizer Fernsehens einst solche Karten zum Einsatz kommen, dazu sagt Marco Krämer, Leiter Quiz- & Spielshows: «Es gibt in der Schweiz bereits sehr viele unterschiedliche Kartensets, auch hinsichtlich Genderthematik. Wir erhalten viele Anfragen und prüfen die Alternativen zu den bestehenden Kartensets. Bislang hat aber noch kein neues Set die unterschiedlichsten Anforderungen erfüllt, die wir an die Karten für unsere Jass-Sendungen haben.» Sie hätten schon spezielle oder neuartige Kartensets in den Sendungen präsentiert. «Beispielsweise in einer ‹Samschtig-Jass›-Ausgabe mit sehbehinderten Jasserinnen und Jassern».
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