Manchmal ist das Leben gegen einen, ohne dass man etwas dafür kann. Etwa, wenn man, wie der 13-jährige Junge David (Louis Guillaume) im aktuellen Stuttgarter «Tatort: Zerrissen», Sprössling eines kriminellen Clans und so sozusagen in eine kriminelle Misere hineingeboren ist: die Mutter abgetaucht, der Vater im Knast, der ältere Bruder tot, die Schwester am Crackrauchen und zwei Cousins, die krumme Dinger drehen – und die sehr, sehr froh sind, einen 13-Jährigen zur Verfügung zu haben, der noch unter dem Jugendgesetz steht und also auch bei schwersten Vergehen nicht ins Gefängnis muss. Dafür holen sie ihn auch schon mal heimlich mitten in der Nacht aus dem Jugendheim, in dem David unter den Fittichen der jungen, coolen Sozialarbeiterin Annarosa (Caroline Cousin) lebt, um einen Juwelierladen zu überfallen. Lannert und Bootz ermitteln, denn beim Überfall stirbt eine unbeteiligte Frau.
Die heutige Folge zeigt zum einen eine beeindruckende schauspielerische Leistung des deutschen Nachwuchsschauspielers Louis Guillaume (16), der – wie bereits im Titel der Folge angedeutet – zwischen brutal und emotional eingeforderter, blinder Loyalität gegenüber seiner Familie, Abscheu vor deren Machenschaften und der heimlichen Liebe zu seiner Betreuerin zerrieben wird.
Starke Familienbande, machtlose Strukturen
Zum anderen wird hier auch exemplarisch dargestellt, wie schwierig es für eine Gesellschaft sein kann, Clan-ähnliche Strukturen aufzubrechen und Jugendlichen in zerrütteten Verhältnissen zu helfen, wie machtlos unsere Institutionen wie Jugendämter, Polizei und Gerichte gegenüber Drohung, Gewalt und inneren Loyalitätskonflikten gegenüber diesen Familienbanden sind.
«Tatort»: «Zerrissen», SRF 1, 20.05 Uhr
Wertung: 4 von 5