Ja, klar: Kommt ein Schweizer «Tatort», steigt reflexartig ein inbrünstiger «Ou neeeei!»-Seufzer aus meiner Brust. Den müsste man eigentlich mal abstellen. Sie geben sich ja alle Mühe. Ich gebe also heute ebenfalls mein Bestes, unvoreingenommen an die Zürcher Folge «Seilschaft» heranzugehen.
Ein britischer Moderator liegt tot in seinem Hotelzimmer – erschossen mit einem Bolzenschussgerät, wie sie im Schlachthaus vorkommen. Seine Zehen fehlen. Während die Kommissarinnen Grandjean und Ott einem Einbruch im Schlachthaus nachgehen, geschieht schon der nächste elaborierte Mord: Ein Ruderer wird ertränkt. Und gleich daraufhin stirbt die Leiterin eines Kinderheims – ebenfalls ziemlich unkonventionell: Eine giftige Raupe, genauer ein Eichenprozessionsspinner, wird ihr gewaltsam in den Rachen geschoben. Für Tessa Ott ist sofort klar: «Das ist alles verbunden, ganz klar!» Warum das klar sein soll, bleibt dem Zuschauer aber, äh, ziemlich unklar. Es ist nicht die letzte fast-mystische Eingebung, die Ott hat und die beim Zuschauer Unklarheiten auslösen. Irgendwie scheint Ott prädestiniert dafür zu sein, dass ihr misstrauische potenzielle Zeugen magischerweise einfach «vertrauen». Sagt sie zumindest ungefähr so, auch wenn niemandem ersichtlich wird, warum.
Zum Ende hin wirds durchaus einigermassen rasant – danach bleiben Fragen
Was ebenfalls nicht ganz klar wird, ist, wie komplett mittellose Tatverdächtige zu derart abgefahrenen Mordmethoden kommen. Tauchausrüstung, spezielle Raupen – könnte man alles billiger haben. Der Grund bleibt dünn. Insgesamt ist das Ganze sehbar, wenn man denn grosszügig über die doch oft recht holprigen Dialoge hinwegsieht. Ach, Schweizer «Tatort»! Auch wenn du schon viel schlechter warst, ist es klar wie Klossbrühe: Wir wollen und wollen einfach nicht so recht Freunde werden.
«Tatort»: «Seilschaft», SRF 1, 20.05 Uhr
Wertung: Drei von fünf
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