Basler Filmemacher in Hollywood
Tim Fehlbaum ist unser Trumpf an den Oscars!

Mit «September 5», seinem dritten Kinofilm, belegt Tim Fehlbaum derzeit einen Stammplatz in Hollywoods Awards Season. Der Höhepunkt: Bei der Oscarverleihung ist der Basler Filmemacher für das beste Drehbuch nominiert.
Publiziert: 01.03.2025 um 16:08 Uhr
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Aktualisiert: 01.03.2025 um 16:21 Uhr
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Via Venedig zur Oscarverleihung: «Wir hätten nie gedacht, dass unser Film eine so grosse Reise machen würde», so Fehlbaum.
Foto: Jonas Mohr

Auf einen Blick

  • Tim Fehlbaum's Film «September 5» im Oscarrennen für bestes Drehbuch nominiert
  • Film thematisiert Olympia-Attentat 1972 und Herausforderungen für Sportreporter
  • Fehlbaum traf bei Golden Globes Komponist Hans Zimmer und Schauspieler Harrison Ford
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
Marlène von Arx
Marlène von Arx
Schweizer Illustrierte

Tim Fehlbaum (42) steht vor dem riesigen Billboard seines Films «September 5» am Sunset Boulevard. «Es ist schon ein surreales Gefühl, unseren Film hier zwischen all den anderen grossartigen Filmen des letzten Jahres im Oscarrennen zu sehen», versucht er die letzten Monate in Worte zu fassen. «Es ist eine grosse Bestätigung und Anerkennung.» Seit vergangenem Herbst ist «September 5» in einem Triumphzug, der via Golden-Globe-Nomination für den «Besten Film» jetzt zur Oscarnomination für das «Beste Drehbuch» führte, weshalb er regelmässig in Hollywood weilt.

Der Spielfilm schaut den amerikanischen Sportreportern über die Schultern, die an der Olympiade in München 1972 erstmals eine sich entwickelnde Newssituation live übertrugen: Als eine palästinensische Terrorgruppe elf israelische Athleten als Geiseln nahm, wurden die Journalisten nicht nur mit technischen, sondern auch mit moralischen Herausforderungen konfrontiert.

Fehlbaum und sein Schreibpartner Moritz Binder haben die Zeit, als Livebilder erstmals via Satellit um die Welt gingen, intensiv recherchiert. Auf die tragische Terrorattacke wurde der Filmemacher bereits während der Schulzeit aufmerksam, als er den Dokumentarfilm «One Day in September» des Basler Produzenten Arthur Cohn sah. «Als ich dann in München Film studierte, erschien mir dieses Ereignis noch immer sehr präsent. Das damalige olympische Dorf gehört heute zur Studentenstadt, wir drehten dort viele Studentenfilme. Wir wussten, wo der Balkon und die Wohnung waren, wo das Attentat stattfand.»

Hamas-Attentat vom Oktober 2023 beeinflusst Blick auf den Film

Als der Terroranschlag der Hamas vom 7. Oktober 2023 in Israel die Welt erschütterte, war «September 5» bereits abgedreht. Aber es war klar, dass der Film nicht mehr von der Tagesaktualität losgelöst betrachtet werden würde. «Der Film regt das Publikum durch seine historische Linse zum Nachdenken an», glaubt Tim Fehlbaum. «Die Medienlandschaft entwickelt sich heute sehr schnell, und wie wir weltpolitische Ereignisse wahrnehmen, ist noch schwierig, richtig einzuordnen. Deshalb ist es vielleicht interessant, einen Schritt zurückzumachen und zu schauen, wie vor 50 Jahren über eine Krise dieser Art im Live-Fernsehen berichtet wurde.»

Nach der erfolgreichen Uraufführung an den Filmfestspielen von Venedig kaufte Paramount den Film und lancierte die Awards-Kampagne. «Wenn ‹Indiana Jones› einer deiner Kindheitshelden ist und dann Harrison Ford an dir vorbeigeht, ist das schon ein absurder Moment», blickt der Basler amüsiert auf die Golden Globes zurück. Besonders gefreut hat er sich da über seinen Austausch mit dem Komponisten Hans Zimmer (67). Obwohl Tim Fehlbaum stets ruhig und gelassen wirkt, habe er allen Mut zusammennehmen müssen, um Zimmer anzusprechen. «Zu meiner Überraschung sagte er, er hätte meinen Film gesehen und ihn super gefunden. Er nahm sich dann richtig Zeit, um mit mir zu reden, was sehr toll war.»

Erste Filme mit den Schwestern

Tim ist der Sohn von Inge Fehlbaum und Vitra-Unternehmer Raymond Fehlbaum und wuchs mit seinen vier Schwestern in Basel und Riehen auf. Die Leidenschaft für den Film war früh da: «Als Kind habe ich Knetfiguren in Stop-Motion-Animationsfilmen inszeniert, und meine Schwestern mussten als Schauspielerinnen vor der Kamera hinhalten», erinnert er sich schmunzelnd. Die Schnitttechnik von Oliver Stones «JFK» beeindruckte ihn ebenso wie das Buch «Das Kino nach Hitchcock» von François Truffaut: «Es gab mir einen ersten Einblick hinter die Kulissen des Films.»

Nach der Matura besucht er die Hochschule für Fernsehen und Film in München. Sein Kurzfilm «Für Julian» (2004) wird mit dem Shocking Shorts Award prämiert und ermöglicht ihm einen ersten Kurztrip nach Los Angeles. Die beiden hochgelobten Sci-Fi-Filme «Hell» und «Tides» folgen. Auch in diesem Genre mag er seine Filme so realistisch wie möglich. Komödien und Romanzen hingegen sind nicht sein Ding. Auch in die Filmmetropole auswandern wollte er nie. Tim Fehlbaum sieht sich als europäischer und Schweizer Filmemacher, der seine Filmfamilie in Deutschland und Basel hat: «Inzwischen läuft viel remote. So wurde ‹September 5› ganz in Basel geschnitten.»

Guten internationalen Kontakten ist es zu verdanken, dass zuerst Sean Penn als Produzent und dann ein internationaler Filmstar wie Peter Sarsgaard für «September 5» verpflichtet werden konnte: «Es hilft schon, wenn man im Betreff einer E-Mail einen Namen wie Sean Penn erwähnen kann, dann werden die Mails plötzlich beantwortet.» Vielleicht trifft er bei der Oscarverleihung am 2. März seine neuen Hauptdarsteller? Mit wem er gern arbeiten würde, behält Fehlbaum für sich: «Das kommt ganz auf die Geschichte an – und was die nächste ist, steht noch in den Sternen.»

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