Im Juni ist Pride-Monat. Weltweit feiern die LGBTQIA+-Communitys ihre Freiheit und Vielfalt – und protestieren gegen Diskriminierung. Mitte Monat auch an der Zurich Pride. Punkto Inklusion, Respekt und Toleranz herrschen immer noch Missstände. Unter anderem in der Modebranche. Im Blick redet das Aargauer Topmodel Manuela Frey (27) exklusiv über Transfeindlichkeit und Sexismus.
Transfeindlichkeit
Es gibt immer wieder Momente, in denen man Transfeindlichkeit spürt. Man sieht dies an der mangelnden Repräsentation auf Laufstegen, in Werbekampagnen und einem feindlichen Arbeitsumfeld. Ich habe dies bei einem Casting mit rund 50 Models in Mailand erlebt. Ein Transgender-Model wurde bis zum Schluss ignoriert, bis man den Casting-Direktor darauf aufmerksam machte. Bei einem anderen Model wurde laut gelacht, weil es sich beim Eintragen auf dem Castingblatt nicht für ein Geschlecht entscheiden konnte, damals vor acht Jahren gab es da nur zwei Möglichkeiten. Global hat sich zum Glück vieles verbessert. Diversität ist heute ein Verkaufsargument, von dem Unternehmen profitieren.
Mehr zu Topodel Manuela Frey
Sexismus
Es gibt weiterhin sexistische Strukturen und Verhaltensweisen in der Modebranche, auch wenn es Fortschritte gibt. Ich wurde oft unterschätzt, weil ich ein Model bin – gross, blond und schön. Das nervt. Die Branche wurde offener und hat sich weiterentwickelt, das musste sie auch. Junge Models lassen sich nicht mehr herumschubsen und alles gefallen, wie das zu meiner Zeit als Teenager war. Wenn heute jemand diskriminiert wird, spricht sich das schnell herum. Die Angst vor einem Shitstorm auf Social Media ist gross, Brands achten auf ihr positives Image.
Dickpicks
Die kriege ich nach wie vor Dickpicks. Ich ignoriere sie oder prangere sie öffentlich an, um das Bewusstsein für die Problematik zu schärfen. Gerade jüngere Frauen wissen oft nicht, wie sie damit umgehen sollen. Man kann sich aber gut dagegen wehren.
Nemo
Nemos Non-Binarität lenkt den Fokus auf die Diskussion und regt zum Dialog an. Das Multitalent ist Teil einer Bewegung, die aber noch einiges tun muss, um die Gesellschaft so weit zu bringen, dass trans Menschen und Nichtbinäre akzeptiert werden. Eine enorme Herausforderung, mit vielen Widerständen. Erst, wenn wir nicht mehr darüber debattieren müssen, haben wir das Ziel erreicht. Nemo trägt zur allgemeinen Toleranz bei und beeinflusst den Umgang mit ihnen positiv, auch in der Modebranche.
Swiss Diversity
Seit diesem Jahr bin ich im Vorstand von Swiss Diversity, wofür ich angefragt wurde. Ich habe mich schon bei «Switzerland's Next Topmodel» für einen diversen Cast aus Frauen und Männern eingesetzt, vor zwei Jahren mit der Künstlerin Ona Sadkowsky mit dem Bodypainting-Projekt öffentlich auf den «den Swiss Diversity Award» aufmerksam gemacht. Durch meine Arbeit kann ich auf Missstände aufmerksam machen. Oberstes Ziel ist es, die Inklusion zu fördern – sei es durch Kampagnen, Öffentlichkeitsarbeit oder Workshops. Bis das in Politik und Gesellschaft strukturell verankert ist, braucht es Zeit.