Bündner Rapperin Gigi über Burnout, Sexismus und Abba
«Aufs Maul zu sitzen, ist das Dümmste, was man machen kann»

Gigi, bürgerlich Giulia Maria Gort, hatte schon viele Jobs. Doch nach einem Burnout Ende 2024 konzentriert sie sich nun voll auf ihre Musik.
Publiziert: 12.04.2025 um 12:22 Uhr
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Aktualisiert: 12.04.2025 um 12:23 Uhr
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Rapperin Gigi gehört zu den vielversprechendsten Namen der Schweizer Hip-Hop-Szene.
Foto: Siggi Bucher

Darum gehts

  • Rapperin Gigi aus Graubünden spricht über Sexismus und ihre Musikkarriere
  • Gigi hatte ein Burnout, zog zurück nach Maienfeld und änderte ihren Lebensstil
  • Mit 24 Jahren hat Gigi einen Plattenvertrag und tritt in TV-Shows auf
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Michel ImhofTeamlead People

Sie ist gekommen, um den Hip-Hop zu verändern. Rapperin Gigi (24) aus dem Heidi-Dorf Maienfeld GR will ein Vorbild für junge Frauen sein. «Ich hatte bis auf Steff La Cheffe kaum lokale Rapperinnen, zu denen ich aufschauen konnte. Ich will zeigen, dass wir Frauen auch einen Platz im Hip-Hop verdient haben.»

Doch besonders in diesem Genre ist Sexismus noch weit verbreitet, sagt Giulia Maria Gort, wie Gigi bürgerlich heisst. «Dagegen anzukämpfen, fühlt sich manchmal an, wie gegen eine Mauer anzureden», sagt Gigi. «Die richtige Herangehensweise habe ich für mich noch nicht gefunden. Aber ich trage oft weite, lockere Kleidung, um meinen Körper zu bedecken. So hören mir mehr Leute zu. Und dann ist es wichtig, immer für sich einzustehen.»

Gigi startete im Pop

Gigi ist laut und weiss, was sie will. Beim Fototermin mit Blick hat sie eine genaue Vorstellung, wie sie sich nicht geben will. Klischierte Rapper-Posen sind nichts für sie. «Ich will etwas bewegen und zeigen, dass man nicht einem vorgefertigten Bild entsprechen muss, um Hip-Hop zu machen.»

Gigi stammt aus einer musikalischen Familie. Sie spielte schon als Kind Geige, Gitarre und Ukulele. «Und eigentlich habe ich meistens Pop gehört, bis ich als 14-Jährige Eminem hörte und Nicki Minaj entdeckte. Mir gefiel sehr, wie viel Platz es im Rap für die Texte gibt. Es ist aussagekräftig, meistens sehr direkt. Das ist mein Ding.»

Viele Jobs für Musik

Sie selbst komponierte Lieder mit der Ukulele. «Damals habe ich noch in der Kirche gesungen. Und dann entdeckte ich irgendwann Deutschrap.» Dass eine Grösse wie Loredana (29) aus der Schweiz stammt, hat ihr neue Welten eröffnet. «Dann schrieb ich heimlich an Rapsongs. Und später zeigte ich sie meinen Freunden. Alles nahm seinen Lauf.»

Für den Traum der Musik hat sie viel gearbeitet. Sie hatte Jobs im Callcenter, im Spital, in der Hotellerie, beim Steueramt, im Service, im Detailhandel und auch als Coiffeuse. «Das alles habe ich nur gemacht, um mein Leben als Musikerin zu finanzieren. Was es für ein Job war, war mir egal», erzählt sie. Heute kann sie von der Musik leben. «Manchmal besser, manchmal weniger gut. Aber es geht.»

Sie litt an einem Burnout

Dass es auch zu viel werden kann, musste Gigi Ende 2024 erkennen. «Ich hatte ein Burnout im November. Da musste ich einiges im Leben umstellen.» Gigi zog nicht nur nach mehreren Jahren im Kanton Zürich wieder zu ihrer Mutter nach Maienfeld GR, sie konzentrierte sich auch voll aufs Musikmachen, ohne Nebenjob. «Ich habe keine Pausen mehr gemacht, nicht mehr richtig gegessen. Mein Körper hat irgendwann Stopp gesagt», erzählt sie.

Heute trinkt sie nur noch selten, raucht nicht mehr. «Ich lege auch gezielt mein Handy und meine Arbeit weg. Aber diese Disziplin zu halten, ist bis heute schwierig.» Als Ausgleich hat sie unter anderem den Sport für sich entdeckt. Am Sonntag rennt sie unter anderem beim Zürich-Marathon in der 10-Kilometer-Kategorie mit. 

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Gigi wagt sich an Abba

Über Dinge wie Burnout zu sprechen, ist Gigi wichtig. «Es tut gut, sich auszutauschen und es rauszulassen. Aufs Maul zu sitzen, ist das Dümmste, was man machen kann», sagt sie. So machte sie im Januar auch eine Situation mit einem Schweizer Rapper öffentlich, der ihr im Studio einen Dreier angeboten hatte. Zuerst durch seine Freundin, dann durch ihn selbst. «So etwas Respektloses habe ich nie wieder erlebt. Aber es gab auch schon Einladungen ins Studio, und dann meinte das Gegenüber, es sei ein Date», sagt Gigi. «Solche Dinge erlebt wohl jede Rapperin. Wobei ich das nicht nur auf unsere Szene beschränken würde. Das kommt wohl oft vor, wenn es ein Machtgefälle gibt.»

Ihre direkte Art führt Gigi zum Erfolg: Mittlerweile hat sie einen Plattenvertrag beim Plattenlabel Universal, ihr Debütalbum «Hinterem Mond» ist kürzlich erschienen. Zudem ist sie sowohl in der 3+-Sendung «Sing meinen Song» (montags, 20.15 Uhr) dabei als auch in der SRF-Sendung «ESC-Mania» (10. Mai, 20.10 Uhr, SRF 1), in der Schweizer Musikschaffende bekannte Siegertitel des Eurovision Song Contest neu interpretieren. «Mir wurde «Waterloo» von Abba zugeteilt. Ein Glückstreffer!», schwärmt Gigi. 

Sie will die Musikbranche verändern

Eines ihrer Vorbilder sei unter anderem ihre Urgrossmutter. «Sie war Fahrende und hatte einen Affen. Leider lernte ich sie nie kennen, aber meine Mutter meinte schon, ich sei ihre Reinkarnation», sagt sie mit einem Grinsen. Musikalisch blickt sie auf zu US-Grössen wie Billie Eilish (23), Kendrick Lamar (37) und Doechii (26). 

Gigi hat ein klares Ziel: «Ich will die Musikindustrie zu einem schöneren Ort machen. Für Frauen, aber auch für alle. Damit die Kunst wieder richtig gefördert wird.»

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