Im Moment fühle sie sich richtig gut, sagte KT Gorique eine Woche vor dem Release ihrer kommenden EP «Radio Pirate» der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Man könne das zwar bei jedem Projekt behaupten, aber diesmal sei es wirklich so: «Diese EP bedeutet mir besonders viel.» Denn die Realisierung sei spezieller gewesen als bei den Vorgängern.
An «Radio Pirate» hat KT Gorique gemeinsam mit Gary «Riga» Burke gearbeitet, der unter anderem die Beats produziert hat. Abgesehen vom Intro und einem Zwischenstück - dem Interlude - folgen die Tracks der EP einer künstlerischen Linie, die Drill-Beats mit African Music verbindet.
Obwohl sie diesen Stil fast über die ganze Platte konsequent beibehält, sorgt KT Gorique mit jedem Titel für eine andere Stimmung. So vermittelt etwa das Stück «Qui m'appelle?» eine aggressive Energie, während «I Love You» mit reduzierter Instrumentierung schon fast als Rap-Ballade bezeichnet werden könnte.
Ein Stil, verschiedene Flows - die Künstlerin habe damit eine Geheimzutat gefunden: «Es ist, als hätte ich lange gekocht, und es ist immer etwas Gutes dabei herausgekommen», so KT Gorique. «Doch jetzt, mit dieser EP, habe ich die perfekte Rezeptur gefunden.»
Geboren ist KT Gorique 1991 als Tochter einer ivorischen Mutter und einem italienischen Vater in Abidjan an der Elfenbeinküste. Mit elf Jahren zog sie in die Schweiz. Diese unterschiedlichen Einflüsse bringt KT Gorique in ihre Musik ein.
Inhaltlich dreht sich «Radio Pirate» um Träume. «Ich untersuche mit den Texten das Phänomen, dass man immer noch nicht zufrieden ist, wenn man etwas erreicht, wovon man eigentlich immer geträumt hat.» Das tut sie nicht auf eine traurige Art, ihre Lyrics sind vielmehr sachlich - und drücken Resilienz aus, wie sie es beschreibt. Gesellschaftskritik verwebt die Walliserin durchaus auch mit Ego-Punchlines.
Nicht selten drückt sie aus, wie sie sich fühlt, als «afrikanische Frau, die in einem westlichen Land lebt». Obwohl es also um die Desillusion von Träumen geht, beschreibt KT Gorique in ihren Texten auch ihren eigenen Traum: «Ich hoffe, die afrikanischen Länder einmal als unabhängige, souveräne Staaten sehen zu können, wo die Menschen frei sind.»
In der französischsprachigen Welt konnte sich KT Gorique längst etablieren. Bekanntheit erlangte sie 2014 mit Anfang zwanzig durch ihre Hauptrolle im Spielfilm «Brooklyn» des französischen Regisseurs Pascal Tessaud, der in Cannes gezeigt wurde. Zwei Jahre zuvor war sie in New York Freestyle-Rap-Weltmeisterin geworden, und das nicht nur als jüngste Person überhaupt, sondern auch als erste Frau und erste Kandidatin aus der Schweiz.
Aber auch in der Deutschschweiz ist KT Gorique keine Unbekannte. Und das, obwohl viele ihre Texte nicht verstehen. Die Lyrics sind für sie essenziell, schliesslich versteht sich KT Gorique als Rapperin und Songtextschreiberin: «Ich sage in meinen Tracks nichts, was mir nicht wichtig ist.» Natürlich sei es wünschenswert, wenn jene, die aus der Deutschschweiz ihre Musik hören, sich auch mal mit ihren Texten beschäftigen würden. «Aber es ist auch völlig okay, wenn man sich einfach dem Flow hingeben will.»
Die Konzerte in der Deutschschweiz seien «verrückt», sagte sie. «Ich bin auf der Bühne und weiss, dass das Publikum kaum versteht, was ich rappe. Doch das ist den Konzertbesuchenden egal, die Stimmung ist jedes Mal irre», so die Rapperin. «Ich denke, dass anderssprachiger Hip-Hop in der Deutschschweiz mehr geschätzt wird als in der Romandie.» Das könne daran liegen, dass der frankofone Rap weltweit eine riesige Präsenz auf dem Hip-Hop-Markt hat.
Ihre grösste Stärke sei es, ihre Emotionen und die rohe Energie der Musik auszustrahlen. «Dann braucht das Publikum nicht zu verstehen, was ich sage, um zu verstehen, was ich sage.» Das sei so wie mit Bob Marley, den sie als Kind rauf- und runterhörte: «Da verstand ich auch kein Wort, und trotzdem musste ich weinen, weil es mich so berührte.»
Durch die Schweiz tourt KT Gorique auch mit ihrer neuen EP. «Radio Pirate Sound System Tour» nennt sie diese. Auf dieser geht es zu den Wurzeln des Hip-Hops zurück: einfach mit DJ, Hype-Man und Lautsprechern - ohne Schlagzeug oder sonstige Instrumente. «Das wird roh und unverfälscht», erklärt KT Gorique. Im Sommer dann wird sie mit ihrer Liveband auftreten.