Auf einen Blick
- Nadine Vinzens überlebte Hollywoods dunkle Seite
- Sie war an P. Diddys «White Party»
- Filmproduzenten wurden sexuell übergriffig
«Ich habe immer schon an das Gute im Menschen geglaubt. So bin ich erzogen worden», sagt Ex-Miss-Schweiz Nadine Vinzens (41) gegenüber Blick. Oft ist ihr das fast zum Verhängnis geworden. Vor allem in Hollywood, wo sie von 2004 bis 2019 als Schauspielerin lebte.
«Wer so lange da lebt, für den ist Hollywood wie ein Dorf. Mittlerweile kennt man alle, auch die Stars und wird zu ihren Partys eingeladen. Das ist da ganz normal.» Wie am 4. Juli 2009, als sie von einer Freundin zur legendären «White Party» vom einstigen Star-Rapper P. Diddy (54) eingeladen wurde. Gemäss aktuellen Klagen soll es an Diddys Partys zu verabreichten Drogen und sexuellen Übergriffen gekommen sein. Über 120 Klagen wurden gegen den Musikmogul eingereicht, 12 Vergewaltigungen werden ihm vorgeworfen. Er sitzt in Untersuchungshaft.
Aufgerüttelt hat es niemanden
Nadine Vinzens verbrachte an dem Sommernachmittag fröhliche Stunden im Garten von P. Diddys Villa. Umgeben von Stars wie dem damaligen Traumpaar Hollywoods Demi Moore (61) und Ashton Kutcher (46), Comedian Kevin Hart (45) und Schauspieler Jonah Hill (40). Ihre Freundin musste früher gehen, die Bündnerin ging mit ihr, wie Blick berichtete.
Was täglich an neuen Gräueltaten von P. Diddy ans Tageslicht kommt, macht Vinzens richtiggehend wütend. «Ich bin so sauer und entsetzt, dass scheinbar so viele davon wussten und Zeichen gaben. Wie Eminem der in einem Song in kryptischen Zeilen darauf aufmerksam machte, dass er P. Diddy für einen Vergewaltiger hält. Aufgerüttelt hat das niemanden.»
Genauso entsetzt spricht die Bündner DJane über ihre eigenen Erfahrungen mit Machtmännern, in ihrem Fall handelt es sich um namhafte Filmproduzenten. «Einer liess mich nach New York einfliegen. Er wollte mich an eine Filmgala mitnehmen und Wichtigen in der Branche vorstellen. Das war auch im Jahr 2009.»
In Panik rannte sie ins Badezimmer
Sein vorgeschlagener Treffpunkt war die Hotellobby. «Er holte mich ab und meinte, wir müssen noch schnell in sein Zimmer rauf. Mit mulmigem Gefühl, aber trotzdem voller Vertrauen, ging ich mit. Dann erlebte ich den Horror», sagt sie und ergänzt: «Er schloss die Tür hinter sich zu und sagte, ich solle es mir bequem machen, das Hotel sei ausgebucht und ich würde da mit ihm schlafen. Dann begann er, mich zu begrapschen.»
Sie habe ihn weggestossen, sich gewehrt, rannte ins Badezimmer und schloss sich ein. «Er war für mich ein wildfremder Mann, der mir zu nahe kam. Ich bekam Panik, rief meine Familie und Freunde in der Schweiz an, was ich tun soll.» Sie blieb am Telefon mit einer Freundin dran, ging aus dem Badezimmer und sagte ihm, sie müsse sofort gehen. «Er schloss mürrisch die Tür auf, ich ging zur Rezeption und fragte nach einem freien Zimmer, sie hatten noch etliche davon. Ich buchte eines, schloss mich ein und nahm den nächsten Flug nach Los Angeles zurück.»
Von dem Grüsel-Produzenten hat sie nie mehr etwas gehört. Doch er war nicht der Einzige. «Ein anderer wollte mich auch zu einem Event mitnehmen, mich wichtigen Leuten vorstellen», so hiess es immer, wie sie sagt. «Dann meinte er, ich solle mit ihm noch kurz in seinem Zimmer vorbei. Da ich ihm vertraut habe, ging ich mit.» Er wollte, dass sie sich schon mal in sein Bett legt. «Ich habe Nein gesagt, er hat mich angefasst, immer weiter gedrängt und belästigt. Ausser mir vor Schock und Angst konnte ich mich befreien und bin herausgerannt. Ich vermute, er wollte mich vergewaltigen. Nie hätte ich so ein Verhalten bei ihm vermutet.»
Es wäre Aussage gegen Aussage
Angezeigt hat sie ihn nicht. «Es wäre Aussage gegen Aussage, da ich es nicht beweisen kann. Ich habe bewusst entschieden, meine Energie und meinen Fokus auf andere Dinge zu lenken und das Geschehene so schnell wie möglich hinter mir zu lassen.» Bei ihm und Weiteren handle es sich um namhafte Produzenten, die immer gleich vorgehen. «Sie ködern dich mit Karrierekicks und wollen doch nur Sex. Nicht anderes.»
Einer habe ihr ganz klar einmal gesagt. «Wenn du die Beine für mich nicht breitmachst, bringe ich dich nicht weiter.» Sie wisse, dass zu diesem Schritt viele heutige Stars bereit waren, auch da will sie aus Eigenschutz keine Namen nennen. «Es ist das kranke System Hollywoods, über dem das grosse Schweigen herrscht. Zum Glück gibt es immer wieder Frauen, die sich an die Öffentlichkeit wagen.» Gemäss Nadine Vinzens geht es um Stars in Hollywood hinter der Kamera, die noch nicht auf dem Radar sind. «Und sicher gibt es etliche vor der Kamera und aus der Musikindustrie.»
Schreie wegen Freund
Den letzten Übergriff erlebte sie in Los Angeles vor fünf Jahren. «Ich wurde zum Vorsprechen einer Rolle in die Warner Bros. Studios eingeladen. Der Produzent war begeistert, rief mich kurz darauf an und meinte, ich sei super gewesen. Er wollte mich bei sich zu Hause treffen.» Sie habe ihm am Telefon gesagt. «Dann nehme ich meinen Freund mit. Er hat mich angeschrien, beleidigt und gemeint, er pushe keine Frauen, die einen Partner haben. Dann hat er aufgelegt.»
Nadine Vinzens hat lange darunter gelitten, dass es in Hollywood meist nicht um ihr Talent, sondern um ihren Körper ging. «Ich weiss, dass dieses System, Sex für Karrierechancen, noch heute an der Tagesordnung ist und weiterbestehen bleibt. Umso dankbarer bin ich jeder Frau, die sich gegen die Perversion der Machtmänner auflehnt und sie an den Pranger stellt.»
Auch wenn sie durch ihre übergriffigen Erfahrungen vorsichtiger geworden ist, wolle sie nach wie vor an das Gute im Menschen glauben. «Das lasse ich mir von niemandem nehmen.»