«Das Schweigen ist ohrenbetäubend», so beschrieb Prinz Harry (38) in einem seiner vier TV-Interviews zu seiner Biografie «Reserve» (Originaltitel: «Spare») die Stimmung zwischen ihm und seiner Familie. Trotz explosiver Vorwürfe und heftiger Anschuldigungen an seinen Bruder Prinz William (40), Schwägerin Kate (41), besonders aber an die Ehefrau seines Vaters, Königsgemahlin Camilla (75), äusserte sich noch kein Mitglied des britischen Königshauses zu dem, was die letzten Tage öffentlich wurde.
Vielmehr gingen König Charles III. (74) und das Prinzenpaar von Wales wie gewohnt ihren Pflichten nach. Man schüttelte auf Gemeindeveranstaltungen Hände, schrieb in Stadtbücher und lächelte für die Kameras, ganz nach dem Motto: «Never complain, never explain» (z.Dt.: «Niemals beschweren, niemals erklären»).
Windsors wollten Harrys Aussagen prüfen
Dass die Situation aber weder an den Royals noch an Harry spurlos vorbeiziehen wird, zeigen nun neue Enthüllungen. Demnach sollen hinter den Kulissen schon die Anwälte der Windsors Akten wälzen. Die britische «Daily Mail» will wissen, dass besonders die Interviews mit den TV-Sendern «ITV», «CBS» und «ABC» zum Zankapfel werden könnten. Denn, so will ein Informant wissen, wollten die Pressebüros der Royals vor den Aufzeichnungen verlangt haben, den gesamten Inhalt der Gespräche einzusehen. «Sie wollten genau prüfen, was in dem Interview gesagt wird, in dem Kontext, in dem es erscheint.»
Moderator Stephen Colbert (58) bestätigte diese Forderung sogar im Gespräch mit Prinz Harry. Seine Redaktion habe die königliche Familie um ein Statement gebeten, diese hatte aber Einsicht in das Interview zwischen dem Talkmaster und dem Prinzen gefordert. Stephen Colbert bezog klar Stellung: «Das ist etwas, das wir nie tun.»
Welche Klagemöglichkeiten haben die Royals?
Doch welche Möglichkeiten haben die Anwälte der Royals nun, da das Kind in den Brunnen gefallen zu sein scheint, noch. Kann Prinz Harry sogar von seiner Familie verklagt werden?
Serafin Oberholzer, Medienanwalt bei der Ringier AG, schätzt die Situation folgendermassen ein: «Ohne die Akten und die Rechtslage in Grossbritannien im Detail zu kennen, ist eine rechtliche Einschätzung nicht möglich. In der Schweiz können Betroffene gegen jeden vorgehen, der an einer Persönlichkeitsverletzung mitwirkt, also auch gegen einen TV-Sender, der die herabsetzenden Kommentare verbreitet. Natürlich könnte der Betroffene auch gegen den Sprechenden selbst, in diesem Fall also Prinz Harry, vorgehen. Dies dürfte in Grossbritannien ähnlich sein.»
Oberholzer vermutet ausserdem, dass bei einer Klage der königlichen Familie gegen die TV-Sender finanzielle Forderungen im Vordergrund stehen dürften. «Etwa die Herausgabe von Gewinn, der mit den mutmasslich persönlichkeitsverletzenden Äusserungen erzielt wurde. Die Verhinderung der Ausstrahlungen hätte vorsorglich im Vorfeld erwirkt werden müssen, was die Royals möglicherweise auch versucht haben.»