Schon in den ersten Filmminuten im neuen «Tatort – Züri brännt» wird klar: Bis aus diesen zwei ungleichen Kommissarinnen auch Freundinnen werden, kann es eine Weile dauern, so frostig ist die erste Begegnung. Ganz anders verlief die Szene hinter der Kamera, zwischen Carol Schuler (33) und Anna Pieri Zuercher (41) funkte es sofort. «Es war ein Coup de foudre, also Liebe auf den ersten Blick», erinnert sich Pieri Zuercher mit französischem Akzent an das erste Treffen.
Das war beim Casting. Damals hätte die Schauspielerin aus Lausanne nie gedacht, dass sie die Rolle bekommen würde. «Ausgerechnet ich – mit meiner Sprache – in diesem Krimi. Ich dachte zuerst. Das ist ein Witz!» Zumal sie sich bis dahin noch nie einen «Tatort» angeschaut hatte. In der Romandie kennt man die Kultserie aus dem deutschen Sprachraum kaum. Auch Schuler schaute nur manchmal in ihrer Berliner WG rein. Dass sie mal als Profilerin Tessa Ott ermitteln würde, damit hatte sie nicht gerechnet. «Ich habe ja eher Rollen auf der anderen Seite der Polizei abonniert. Aber genau das ist das Coole. Denn der grösste Wunsch als Schauspielerin ist es, möglichst viele Facetten zeigen zu können.»
Der Job als Kommissarin macht offensichtlich Spass
Die Winterthurerin stand schon als Zwölfjährige vor der Kamera und gewann mit «Lieber Brad» gleich den Schweizer Filmpreis. Und singen kann sie auch. Vergleiche mit Amy Winehouse (1983-2011) gab es nicht nur wegen des ähnlichen Looks, sondern auch wegen ihrer umwerfenden Stimme. Pieri Zuercher hat ursprünglich eine Ausbildung als Pianistin gemacht, bevor sie erfolgreich ins Schauspielfach wechselte. «Davon möchten wir in den nächsten Folgen unbedingt etwas mit einbringen, Anna spielt Klavier und ich singe», freut sich Schuler.
Dass sie an ihrem neuen Job als Kommissarinnen Spass haben, ist offensichtlich. Und sie haben sich gründlich darauf vorbereitet: Beide haben einen Kurs bei der Kantonspolizei Zürich besucht. «Zusammen mit ganz vielen Polizistinnen. Es ist ein Klischee, dass dieser Beruf eine Männerdomäne ist», so Schuler. Dass die Führungspositionen im Zürcher «Tatort» neu von drei Frauen besetzt sind – dazu gehört auch die Staatsanwältin Anita Wegenast (Rachel Braunschweig) –, finden sie beide nicht ungewöhnlich, sondern als «ein Abbild der heutigen Gesellschaft».
Wie man mit einer Waffe umgeht, will gelernt sein
Und wie sieht es denn nun aus mit den Schiesskünsten? «Anfangs hatte ich schon ziemlichen Respekt vor so einer Waffe», gibt Schuler zu. «Ich schiesse besser als du!», kontert Pieri Zuercher. «Genau! Man sollte mir keine Waffe in die Hand geben, ich schiesse mir in den Fuss», erwidert Schuler und lacht. «Anna kann das echt gut, wir haben bei den Polizistinnen-Tests mitgemacht. Man konnte maximal 18 Punkte machen, die hat Anna auch geschafft.»
So unterschiedlich die beiden Frauen auf den ersten Blick auch sind – die eine hat Familie, die andere wohnt in einer WG, da die Perfektionistin, die viel Sport macht, dort die Intuitive, die auf allen Künstlerbühnen zu Hause ist –, so sind aus den beiden Kolleginnen echte Freundinnen geworden. «Es fühlt sich an, als ob wir uns schon viel länger kennen würden. Wie aus einem anderen Leben.» Als die beiden nach dem Gespräch im Hotel Marriott den Raum verlassen, zieht sich jede eine Lederjacke über – beide in Rot.
«Tatort – Züri brännt», Sonntag, 18. Oktober 2020, 20.05 Uhr, SRF 1