Und wird gefeuert!
CS-Bankerin beschwert sich wegen sexueller Belästigung

Eine Angestellte der Credit Suisse fühlte sich von einem ihrer Vorgesetzten belästigt und bedrängt. Lösungsvorschläge wurden nicht angehört. Auf ihre Beschwerde folgte stattdessen die Kündigung des Arbeitsverhältnisses.
Publiziert: 02.12.2021 um 19:52 Uhr
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Aktualisiert: 03.12.2021 um 13:32 Uhr
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Eine ehemalige Angestellte der Credit Suisse erhebt schwere Vorwürfe. (Archivbild)
Foto: PIUS KOLLER

Einladungen zu sich nach Hause, Geschenke im Briefkasten oder aufdringliche Nachrichten am Wochenende – solche Annäherungsversuche möchte man lieber nicht vom eigenen Vorgesetzten erhalten.

Genau das ist aber Mirjam K.*, einer Angestellten der Credit Suisse, im vergangenen Jahr passiert. Immer wieder bittet sie ihren Vorgesetzten, solche «Zeichen der Freundschaft», wie er sie nennt, zu unterlassen. Als sie sich über ihren Chef Tobias S.* beschwert, hat die Sache Konsequenzen. Nicht aber für Tobias S., sondern für Bankerin. Sie wird gefeuert, wie die «Basler Zeitung» berichtet.

Freundschaftliches Arbeitsverhältnis artet aus

Angefangen hat die ganze Geschichte im Jahr 2019, als ihr, trotz kurzer Anstellung, bereits eine Beförderung vorgeschlagen wurde – von einem hohen Manager. Sie solle in einem seiner Teams arbeiten, mehr Verantwortung und Aufgaben übernehmen.

Die beiden hatten bereits vor ihrem Wechsel in seine Abteilung ein freundschaftliches Verhältnis. Kurz darauf artete es aber aus. S. begann, sie einzuladen und zu beschenken. K. empfand das allerdings als «unangenehm und unangemessen». Die Annäherungsversuche wies sie freundlich, aber bestimmt zurück.

Ein klares «Nein» aus ihrem Mund wurde allerdings vom Manager nicht akzeptiert. Er machte weitere Avancen. Einmal fuhr S. sie nach Hause und besichtigte ihre Wohnung. Die Situation für K. wurde zunehmend schlimmer. Sie fühlte sich zunehmend belästigt, wollte nicht mehr arbeiten gehen, suchte nach internen Möglichkeiten zum Wechseln und liess sich als letzte Möglichkeit schliesslich krankschreiben.

Credit Suisse schlägt Vertragsbeendigung vor

Anfang 2021 meldete sich die Credit Suisse offiziell bei der Angestellten. Laut K. wurde ihr nicht etwa ein Abteilungswechsel vorgeschlagen, sondern eine «Vertragsbeendigung im gegenseitigen Einvernehmen». Sie lehnte ab, eine mehrmonatige interne Untersuchung wurde eingeleitet.

Ihr Vorgesetzter S. gab sein Fehlverhalten sogar teilweise zu: So gestand er ein, das Nein seiner Angestellten nicht respektiert zu haben. Ihre Absagen und Gegenargumente etwa für Einladungen seien «für ihn schwierig zu akzeptieren» gewesen.

Angestellte erhält Kündigung wegen Beschwerde

Doch das Ergebnis der Untersuchung war dann nicht so eindeutig. Im Gegenteil. In einer Mail wurde festgehalten, dass die Untersuchung «nur relativ geringfügiges Fehlverhalten» seitens des Vorgesetzten zutage gefördert habe. Er hätte zwar «sicherlich mehr professionelle Distanz wahren müssen». Es gebe jedoch «keine Hinweise», dass die Krankheit von K. auf das Verhalten des Vorgesetzten zurückzuführen sei.

Erneut wurde K. vorgeschlagen, das Arbeitsverhältnis einvernehmlich aufzulösen. Erneut lehnte sie den Vorschlag ab, aufgrund falscher Angaben zu ihrer Krankheit.

Und dann das: Im Sommer 2021 erhielt K. schliesslich die Kündigung. Auch vor dem Friedensrichter beharrte die CS auf die Rechtmässigkeit der Auflösung des Arbeitsverhältnisses.

«Solche Meldungen werden ernst genommen»

K. hat nun gemeinsam mit ihrer Anwältin Klage am Arbeitsgericht eingereicht und die Finanzmarktaufsicht (Finma) informiert. Gegenüber der Zeitung möchte S. keine Stellung nehmen.

«Für die Credit Suisse ist es oberste Priorität, ein sicheres, integratives und professionelles Arbeitsumfeld für ihre Mitarbeitenden zu gewährleisten», sagt CS-Sprecher Dominique Gerster zu Blick. Dafür setze die Bank global verbindliche Verhaltensstandards und ermutige ihre Mitarbeitenden, Hinweise auf unkorrektes Verhalten auf den dafür speziell vorgesehenen internen Kanälen zu melden. Gerster betont: «Solche Meldungen werden ernst genommen und sorgfältig untersucht. Verstösse werden konsequent sanktioniert.»

Der Vorgesetzte von K. arbeitet weiter in der gleichen Position wie bisher. Während die Bankerin ihren Job los ist. (chs)

* Namen geändert

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