Auch das Zürcher Obergericht wird sich mit dem Gewalttäter Brian befassen müssen. Der Anwalt des 24-Jährigen will das Urteil vom Mittwoch nicht akzeptieren. «Wir werden in Berufung gehen», sagt er gegenüber der «Neuen Zürcher Zeitung». Damit wird der unter dem Pseudonym «Carlos» bekanntgewordene Brian ein Fall fürs Obergericht.
Er sei nicht einverstanden mit den Schuldsprüchen, sagt der Anwalt gegenüber der Zeitung. Zudem hält er eine stationäre Therapie angesichts der Vorgeschichte von Brian für keine zielführende Option. Im Prozess hatte er lediglich eine «angemessene» Freiheitsstrafe gefordert, die sein Mandant mittlerweile ohnehin abgesessen habe.
Das Bezirksgericht hatte den jungen Gewalttäter zu einer stationären therapeutischen Massnahme verurteilt, auch «kleine Verwahrung» genannt. Dabei wird alle fünf Jahre überprüft, ob die Therapie anschlägt oder ob weitere fünf Jahre notwendig sind.
Auch ein neues Verfahren läuft bereits
Brian soll gemäss Bezirksgericht also in eine Therapie, obwohl er sich in der Vergangenheit immer geweigert hatte, eine solche zu absolvieren. Gemäss Gutachten gibt es aber eine «kleine Wahrscheinlichkeit», dass eine Therapie trotzdem anschlagen könnte.
Diese Chance soll Brian jetzt nutzen – sonst kommt er wohl nie mehr in Freiheit. Brian war angeklagt, weil er zahlreiche Polizisten, Mithäftlinge und Gefängnisangestellte angegriffen hatte.
Neben dem Berufungsprozess am Obergericht wird sich Brian auch noch einem neuen Strafverfahren stellen müssen: Noch während der aktuelle Gerichtsfall in Arbeit war, randalierte er hinter Gittern nämlich weiter. Der Staatsanwalt eröffnete deshalb bereits ein neues Verfahren.
«Fall Carlos»
«Die Therapie ist vorerst vom Tisch»
Anwalt Valentin Landmann (69) geht davon aus, dass sich das Verfahren dadurch um etwa ein Jahr verzögern könnte: «Alleine bis eine schriftliche Urteilsbegründung vorliegt, kann es mehrere Monate dauern.»
Brian dürfte also in seiner Einzelzelle in Sicherheitshaft bleiben. Und auch eine Therapie ist vorerst vom Tisch: «Ausser er stellt selber Antrag auf vorzeitigen Antritt der Therapie.» Weil der Häftling gar nicht erst mit Psychiatern spricht, dürfte das nicht passieren.
Landmann geht davon aus, dass sich der Verteidiger des Dauer-Delinquenten vor allem an der «kleinen Verwahrung» gestört haben dürfte: «Das ist eine happige Massnahme, die theoretisch unendlich verlängert werden kann.»
Die Berufung berge aber auch Risiko, dass die nächste Instanz vielleicht noch härter Urteilt als das Bezirksgericht. Und, dass Brian wieder die ordentliche Verwahrung drohen könnte. (SDA/noo/sac)