Die Meldung ging um die Welt. Rund 200 britische Touristen sollen am vergangenen Wochenende in einer Nacht-und-Nebel-Aktion aus der verordneten Quarantäne im Walliser Skiort Verbier geflohen sein. Dies berichtete die «SonntagsZeitung» und wurde von diversen internationalen Medien vermeldet.
Die Zeitung berief sich auf Jean-Marc Sandoz, Kommunikationsbeauftragter der Walliser Gemeinde Bagnes, zu der Verbier gehört. Der sagte über die Briten: «Viele von ihnen blieben einen Tag in Quarantäne, bevor sie unbemerkt im Schutz der Dunkelheit aufbrachen.»
Nur: Einen Beleg dafür gibt es nicht. Simon Wiget, Direktor von Verbier Tourisme, sagt nun in der «NZZ am Sonntag»: «Die grosse Flucht hat es nicht gegeben. Die Geschichte ist falsch», sagt er. «Die Meldung eines Hoteliers über eine Abreise wurde als Verstoss gegen die Quarantänepflicht interpretiert. Journalisten schrieben ihn zur Massenflucht hoch.» Die Zahl 200 sei erfunden.
Auch Markus Rieder, Sprecher der Kantonspolizei Wallis bestätigt: «Wir haben keinerlei Kenntnisse von 200 Briten, die unerlaubt Verbier verlassen haben.»
Zwölf reisten vor Kontrolle ab
Die «NZZ am Sonntag» schreibt, dass die Dienststelle für Gesundheitswesen 454 britische Personen verzeichnete, die im ganzen Kanton Wallis in Quarantäne mussten, nicht nur in Verbier.
Mehr zu den geflohenen Briten
Von diesen gaben 231 eine Adresse im Wallis an, ein Hotel, ein Chalet, eine eigene Wohnung. Bei 150 Personen führte die Kantonspolizei Stichproben durch. Zwölf Personen waren vor der Kontrolle abgereist. Offen ist, ob die zwölf die Quarantäne gebrochen haben.
«Die 138 anderen Personen, die wir kontrollierten, hielten sich an die Massnahmen», betont Rieder. «Wir gehen davon aus, dass sich der grosse Teil der nicht kontrollierten Personen korrekt verhielt.»
«Ein Scherz»
Ganz ausschliessen will er vereinzelte Abgänge aus Verbier nicht. «Aber die offiziellen Zahlen widerlegen die Medienberichte. Eine grosse Flucht ist unwahrscheinlich.» Der einzige britische Tourist, der öffentlich mit der Flucht prahlte, logierte im Berner Oberland.
Marcus Bratter besitzt in Verbier drei Hotels, in denen Briten absteigen, ist Verwaltungsrat der Bergbahnen und Mitglied der Legislative der Gemeinde. Er sagt: «Die Geschichte ist ein Scherz.» (gf)