Mindestens 200 Briten sollen aus dem Skiort Verbier VS geflohen sein, um der zehntägigen Quarantäne zu entgehen: Die Meldung der «Sonntagszeitung» am Wochenende machte weltweit Schlagzeilen. Kanton und Bund überboten sich deshalb mit Schuldzuweisungen. Jetzt sagt der Tourismus-Chef vom Briten-Hotspot: Alles nur ein Missverständnis!
420 Briten waren es, die von den Behörden in Verbier VS identifiziert wurden. Der Sprecher der Gemeinde präzisierte nach der Meldung, dass davon 50 «sofort» verschwunden seien, und von den restlichen 370 seien mittlerweile höchstens noch «ein Dutzend» da.
Offizielle Zahlen fehlen
Das stimme so nicht, sagt Tourismus-Chef Simon Wiget zu BLICK: «Es kann sein, dass einige Leute Verbier verlassen haben, aber niemals 200», sagt Wiget. Das lasse sich schlicht nicht verifizieren. «Dazu haben wir keine offiziellen Zahlen», sagt Wiget. Er wisse nicht, wie es zu diesem Kommunikationsfehler habe kommen können.
Wiget bestätigt, dass sich zuvor rund 400 Feriengäste aus Grossbritannien in Verbier VS aufgehalten haben. Und wie viele sind es jetzt noch? Wiget hält fest: «Wir wissen nicht, wie viele Gäste aus Grossbritannien sich momentan in Verbier aufhalten.»
Wiget wirft den Ball dem Kanton zu. «Der Kanton und die Kantonspolizei sind für die Kontrolle der Quarantänemassnahmen zuständig», sagt er. «Der Kanton hat sämtliche Meldescheine der britischen Feriengäste von den Hoteliers bekommen.»
Kanton kritisiert Bund
Der Kanton habe alle Hebel in Bewegung gesetzt, um die Quarantänevorschriften durchzusetzen, sagt der Walliser Regierungsrat Christophe Darbellay zu «20 Minuten». Grossbritannien habe über die Weihnachtszeit Rückflüge organisiert und ungefähr 20 bis 40 Leute wurden wieder in ihr Land geflogen, sagt der Regierungsrat am Sonntag gegenüber «RTS». Im ganzen Kanton habe die Polizei 200 Quarantäne-Kontrollen durchgeführt, davon 40 in Verbier. «Von den Kontrollierten haben sich alle an die Regeln gehalten», sagt Darbellay.
Darbellay sieht vielmehr das Bundesamt für Gesundheit (BAG) in der Kritik. Die Liste der Passagierdaten der Grossbritannien-Flüge sei zu spät geliefert worden. Das habe die Kontrollarbeit des Kantons erschwert.
Das BAG sieht das ganz anders. Man habe keineswegs bei den Passagierlisten getrödelt, sagt Sprecher Grégoire Gogniat zu «20 Minuten». Die Liste sei schon am 21. Dezember dem Kanton geliefert worden, die letzte Übermittlung habe an Heiligabend stattgefunden. «Es liegt in der Kompetenz der Kantone, die Quarantäne durchzusetzen», sagt Gogniat.
«Gibt es Finderlohn?»
Die Briten in Verbier beschäftigen auch die Regierung. An der Medienkonferenz von Montag sagt Bundesrat Alain Berset darauf angesprochen: «Das ist natürlich ein Problem.» Man müsse aber auch sehen, dass man innert kürzester Zeit habe Massnahmen treffen müssen. Das sei nicht einfach.
Verbier VS muss sich derweil Gehöriges an Spott aus der Internetgemeinde gefallen lassen. Viele wundern sich, wie der Ferienort die Kontrolle über seine Gäste verlieren konnte. »Gibt es Finderlohn, wenn man einen Verbier-Briten findet?», fragt etwa ein Nutzer auf Twitter. (hac)